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Antonio Galloni

Antonio Galloni – Italiens Wein-Guru und sein VINOUS

Obwohl Antonio Galloni nicht als das absolute Schwergewicht wie Robert Parker oder James Suckling auftritt, zählt er unter den Weinkennern zu der obersten Crème de la Crème der renommierten Weinkritiker. Vor allem wenn es um die italienische Weinlandschaft geht, ist Gallonis Weinkritik tonangebend.

Lange Zeit war Gallonis Name mit Robert Parkers legendärem Fachmagazin The Wine Advocate aufs engste verbunden. Man kann mit Fug und Recht behaupten, unter den Fittichen von Parker ist Antonio Gallonis Zukunft als der Weinkritiker, der er heute ist, geschrieben worden. Die Wege der beiden Größen haben sich längst getrennt. Während Parker sich mittlerweile vollständig aus dem Berufsleben zurückgezogen hat, hat Galloni seinen Einfluss kontinuierlich ausgebaut und ist neben James Suckling d e r Italienexperte auf dem internationalen Weinparkett geworden. Antonio Gallonis Umwege zum Wein

Häufig scannt man die frühe Biographie eines berühmt gewordenen Menschen nach Anzeichen für das, was später zu seiner Fachgröße führte. Ein Blick zurück lohnt tatsächlich, wenn man verstehen möchte, welcher Typ von Weinexperte sich eine Meinung über Weine bildet. So ist Robert Parker tendenziell der ‚juristisch‘ klar strukturierende Weintester, während James Suckling eher der ‚journalistisch‘ aufspürende Weinkenner ist. Dagegen ist Antonio Galloni sicherlich der ‚europäischste‘ unter den renommierten (US-) Weinexperten. Einer, der die kulturelle Gesamtheit nicht aus dem Blick verliert. Antonio Galloni wurde 1971 als Sohn eines Italieners und einer US-Amerikanerin in Caracas, Venezuela, geboren und verbrachte dort seine Kindheit. Sein Vater führte von Caracas aus ein Import-Export-Großhandel für Fisch und Meeresfrüchte und war damit in Gesamtlateinamerika tätig. Als die Geschäftsbedingungen sich in den 1980er Jahren verschlechterten, zog die Familie mit dem elfjährigen Antonio nach Sarasota in Florida/USA um, wo sie ein auf italienische Weine und Lebensmitteln spezialisiertes Geschäft aufmachten. Antonios Vater kannte sich bestens mit italienischen Weinen aus, wohingegen der Großvater mütterlicherseits seine Kenntnisse und Vorlieben für Bordeaux- und Burgunder-Weine einbrachte. In dieser Zeit half Antonio in seiner freien Zeit im Geschäft aus, und auch während seines Studiums behielt er den Job in den Semesterferien bei. Die ersten Schritte Richtung Weinkritik machte Antonio unter der Fittiche seines Vaters, der so manche hervorragende Tropfen aus seinem eigenen Keller hervorholte, um seinen Sohn das Degustieren beizubringen. Er vertrat die Meinung, die weltbesten Weine seien Barolo und Champagner – ein Standpunkt, den Antonio Galloni selbst bis heute vertritt. In eine Weinhändlerfamilie hineingeboren zu sein, brachte es mit sich, dass Antonio schon früh mit vielen unterschiedlichen italienischen, aber auch französischen Weinen in Berührung kam. So soll er bereits in der High-School Aufsätze über Bordeaux- und Burgund-Weine für den Französischunterricht geschrieben haben. Allerdings galt seine frühe Leidenschaft nicht dem Wein, sondern der Musik. Antonio spielte in der High School Jazz-Gitarre und wurde später zum Musikstudium an der renommierten Berklee College of Music in Boston zugelassen, wo er insgesamt vier Jahre bis zu seinem Abschluss 1992 verblieb. Seine Studienschwerpunkte waren Gitarrenspiel, Komposition und Jazz als Musikrichtung. Während seiner akademischen Ausbildung spielte er zwei Jahre lang in dem Berklee Country Music Ensemble als professioneller Musiker für akustische und elektronische Gitarre sowie Mandoline. Er komponierte und führte seine eigenen Stücke unter anderem in einer Rockband auf und war bis zum Ende dieser Musikphase ein ambitionierter Musiker. Doch wie so häufig in der künstlerischen Branche war er nach vier Jahren permanenter Auftritte und Selbstausbeutung nicht nur physisch, sondern auch finanziell ausgebrannt. Zwischendurch arbeitete er als Kellner. Durch seinen familiären Hintergrund hatte er in dieser Zeit weiterhin mit Weinen zu tun gehabt, und hatte das Glück, mitunter die besten kalifornischen Jahrgänge der 1990er Jahre zu testen und interessanteste Weingüter kennenzulernen (Alban, Harlan Estate, Shafer).

Eine entscheidende Episode in seiner Biographie stellt Gallonis befristete Stelle in der bekannten Putman-Investment-Firma mit Hauptsitz in Boston dar. Dass er sich für diese Anstellung bewarb, hat er seiner damaligen Freundin zu verdanken, die ihn in einer ‚sicheren Einstellung‘ sehen wollte. Er bewarb sich 1997 bei der Putnam Investment um eine Einstiegsstelle und wurde in das Vertriebs- und Marketing-Schulungsprogramm des Unternehmens aufgenommen. Bereits im Jahr 2000 schickte ihn die Firma in das eigene Büro in Mailand, von wo aus er die italienischen Firmenkunden zu betreuen hatte.

Dieser Tätigkeit ging Galloni bis 2003 nach und verband sie mit der sich nun bahn brechenden Leidenschaft für Weine. Er selbst berichtet gerne davon, dass er fortan keine Gelegenheit ausließ, um auf seinen berufsbedingten Reisen durch Italien renommierte oder auch nur regional bekannte Winzer und ihre Weinkeller aufzusuchen. Seine Routen gaben Galloni die großartige Möglichkeit, Italiens historische, kulinarische, künstlerische als auch önologische Vielfalt aus erster Hand kennenzulernen. Häufig genug fand er den Zusammenschluss all dieser Faktoren in einem einzigen Weingut. Die Erfahrung der sich gegenseitig durchdringenden Einflüsse, die die Weine mitbedingen, stellt vielleicht die wichtigste Eigenschaft dar, die Antonio Galloni von den anderen renommierten Weinkritikern unterscheidet. Der Fokus seiner ersten, noch privaten Entdeckerreisen lag neben der Toskana vor allem auf Friaul und Piemont. Sie sind es, die das Fundament seiner späteren Kritikerkarriere bilden werden und sind im Grunde bis heute seine Schwerpunkte geblieben. Gallonis Weg zum Wein als Berufung und Beruf

Nach Boston zurückgekehrt entschied sich Galloni zunächst für die Professionalisierung seines neuen Berufswegs, was er durch eine kaufmännische Ausbildung mit dem Master of Business Administration an der MIT Sloan School of Management zu erreichen suchte. Schon bald zeichnete es sich für ihn ab, dass das Studium wenig mit seinen italienischen Erfahrungen zu tun hatte. Galloni gibt unumwunden noch heute zu, dass ihm die kulturellen Anreize, vor allem die Arbeit an den Weinen fehlten und das Studium ihn nicht ausfüllte. Ermuntert durch seine Familie und beste Freunde begann Galloni noch an der Sloan School seinen ersten Wein-Newsletter zu konzipieren, in dem er sich auf piemontesische Weine konzentrierten wollte. Sein Freundeskreis war von seinen Weinberichten begeistert und ermutigte ihn, Weinjournalismus zu seinem Beruf zu machen. 2004 war es dann soweit. Galloni machte mit seinem The Piedmont Report den ersten Schritt in diese Richtung. Die Onlineveröffentlichung erreichte – für Galloni selbst überraschend – innerhalb kürzester Zeit eine hohe Anzahl von Abonnenten, die alsbald auch außerhalb der USA wuchs. In nur einem Jahr etablierte sich Gallonis Weinführer als das beste Magazin für piemontesische Weine in den USA, womit auch sein zukünftiger Berufsweg eine beschlossene Sache war. Beflügelt von seinem Erfolg, beschloss Antonio Galloni, dass es an der Zeit sei, James Suckling – bis dato der einzige Weinkritiker, der über italienische Weine auf Englisch publizierte – Konkurrenz zu machen. Gallonis hatte diesbezüglich einiges vorzuweisen, was er in die Waagschale werfen konnte. Seine  familiären und beruflichen Kontakte nach Italien, aber auch die Tatsache, dass er neben Spanisch perfekt Italienisch und Französisch spricht, machten (und machen) seinen Zugang zu der europäischen Weinwelt einfacher gleichwohl auch tiefgehender als für viele andere US-amerikanische Weinkritiker. In dieser Zeit entwickelt Galloni seinen eigenen Stil der Weinkritiken, die zunehmend häufiger von Weinhändlern zitiert wurden. Antonios Ehefrau, Marzia Brumat Galloni, eine gebürtige Italienerin aus dem Friaul und Tochter eines dort bekannten Winzerpaares, wurde die Herausgeberin der Onlinepublikation und stand seinem Ehemann fachmännisch beratend zur Seite. Trotz des hohen Zuspruchs, den The Piedmont Report in kürzester Zeit bekam, entscheidet sich Galloni dafür, sein kaufmännisches Studium abzuschließen (2005). Im selben Jahr wurde er durch die Vermittlung seines ehemaligen Professors in die Kreise um Robert Parker eingeführt und lernte den berühmten Weinkritiker schließlich auch persönlich kennen. Die Begegnung mit Parker brachte Galloni ein Top-Angebot ein, nämlich für Parkers Magazin The Wine Advocate (TWA) als freier Mitarbeiter zu schreiben. Doch Galloni entschied sich in diesem Jahr noch für die Sicherheit, die ihm eine Einstellung bei der Deutschen Bank in New York City bot. 

Galloni und The Wine Advocate

Das Jahr 2006 markiert die zweite wichtige Wende in Gallonis beruflichen Karriere. In diesem Jahr wurde er zum ersten Mal Vater – ein Moment, in dem so mancher sein Leben neu ausrichtet. Was Galloni zunächst zugunsten der Deutschen Bank ablehnte, erschien ihm jetzt verlockend und so klopfte er noch einmal bei Robert Parker an, um das Angebot vom letzten Jahr anzunehmen. Fortan arbeitete Antonio Galloni für das damals weltweit führende Weinmagazin, das heute Robert Parker The Wine Advocate heißt und vollständig dem Michelin-Unternehmen ohne Parkers Beteiligung gehört. Galloni war zunächst als Kritiker und Tester für italienische Weine engagiert worden. Bereits 2008 übernahm er die wichtige Champagne- und Burgund-Region, womit seine Karriere innerhalb des TWA einen großen Sprung nach vorne machte. Doch der eigentliche Karriereaufstieg stellte die Übernahme der Kalifornien-Sparte, die bis dahin Robert Parker persönlich führte. Diese interne Umstrukturierung erfolgte im Zuge des schrittweisen Rückzugs des Altmeisters aus dem aktiven Geschäft des Kritikers. Kaliforniens Weinmarkt stellt innerhalb von Nordamerika den wichtigsten Weinposten da und ist daher von großem wirtschaftlichem Interesse. Vor diesem Hintergrund betrachtet, kam Gallonis Übernahme des Ressorts einer internen Oskar-Nominierung gleich. Es verwundert daher nicht, dass Antonio Galloni sich berechtigte Hoffnungen machte, Parkers Nachfolger und Chefredakteur des TWA zu werden. Als Robert Parker für viele überraschend im Dezember 2012 das Weinmagazin an drei asiatische Investoren verkaufte und sich selbst aus dem aktiven Geschäft im TWA zurückzog, wurde Antonio Galloni übergangen. Oder anders ausgedrückt: Lisa Perrotti-Brown, bis dahin Robert Parkers Journalistin für den asiatischen Weinmarkt, wurde Chefredakteurin. Gleichzeitig kündigten die Investoren an, die Asien-Sparte des Fachmagazins auszubauen und den Hauptsitz nach Singapur zu verlegen. Tiefgehende Strukturänderungen sollten folgen. Unter anderem wurde geplant, die Mitarbeiter des Magazins zu Angestellten des TWA zu machen, das TWA sollte als Printmagazin eingestellt und als Online-Magazin bzw. eine Weinplattform fortgeführt werden und vieles mehr. Diese Abwicklung des weltweit wichtigsten Kritikorgans für Weine stieß bei Galloni auf deutliche Ablehnung. Persönlich enttäuscht fühlte er sich auch von Robert Parker, mit dem es im Vorfeld gegenteilige Absprachen bezüglich der zukünftigen Position Gallonis innerhalb des TWA gegeben haben soll. Galloni ließ im Februar 2013, noch während seiner vertraglich gesicherten Mitarbeit beim TWA, öffentlich verlauten, er sei mit den strukturellen Veränderungen des Weinmagazins nicht einverstanden und wolle sich daher verstärkt seinem eigenen Projekt, der Internetseite „antoniogalloni.com“, widmen. Darüber hinaus plane er, im Frühjahr 2013 seine Mitarbeit beim TWA aufzugeben. Diese Verlautbarung brachte ihm eine Kündigung mit einer zweiwöchentlichen Frist ein (eine übliche Vorgehensweise im US-amerikanischen Arbeitsrecht). Im selben Jahr machte sich Antonio Galloni – wie angekündigt - selbständig. Im März 2013, fünf Wochen nachdem Galloni TWA verließ, flatterte ein Anwaltsbrief ihm ins Haus. The Wine Advocate mit Robert Parker – selbst ehemals praktizierender Anwalt – an vorderster Stelle verklagten Galloni wegen „Vertragsbruch, Betrug und Verleumdung“. Galloni wurde beschuldigt, seiner Vertragspflicht nicht mehr nachzukommen, nämlich vereinbarte Weinkritiken für das Magazin zu schreiben, vielmehr diese für sein eigenes Projekt zu produzieren. Die Klage, die am US-Bezirksgericht in Maryland eingereicht wurde, besagte unter anderem: „Der Betrug der Beklagten basiert auf [Antonio Gallonis] verdeckten Plan, auf Kosten des Klägers und unter Ausnutzung des Rufs des Klägers zu Weingütern auf der ganzen Welt zu reisen, obwohl er beabsichtigte, diese Besuche ausschließlich zu seinem eigenen Vorteil zu nutzen.“ Die Klage wurde im April 2013 fallengelassen, da beide Parteien sich außergerichtlich einigten. Im Hintergrund dieses unschönen Nachspiels steht die brisante Tatsache, dass eine der wichtigsten Ausgaben des TWA zeitlich mit dem Weggang der „rechten Hand“ Robert Parkers zusammenfiel und Galloni es ‚versäumte‘, Weinkritiken zum berühmten Sonoma-County in Kalifornien mit seinen 400 Weinkellern und 40 verschiedene Traubensorten rechtzeitig abzuliefern. Nach der drohenden Gerichtsverhandlung wurde das Versäumte nachgereicht. Am Ende schlossen versöhnliche Worte die wichtige Episode in Gallonis Berufsleben ab: „I want to thank my long-time readers, many of whom date back to the Piedmont Report days, for their unwavering support, and also Robert Parker for encouraging me to follow my passion in wine.” (Quelle: The Drinks Business, 13. Feb. 2013.)

Galloni und VINOUS

Nach seinem Weggang von Parkers The Wine Advocate wollte Galloni an seine Ursprünge in der Weinbranche anknüpfen, an den ehemals äußerst erfolgreichen The Piedmont Report von 2004. Wie so vielen am Anfang des 21. Jahrhunderts schwebte auch Galloni kein Printmedium mehr vor, sondern eine reine Internetpublikation, ein Mix aus e-Publishing und Plattform mit multimedialer Ausrichtung. Bereits 2003 startete er seine Internetseite „antoniogalloni.com“ im professionellen Stil. Im Vorfeld gab er an, er wolle mit seiner Weinplattform jüngeres Publikum ansprechen und den Lesern die Möglichkeit geben, Degustationen und Weingutbegehungen direkter, emotionaler und damit authentischer beizuwohnen. Das Medium der Wahl war das Video.  In einem Interview vom Februar 2013 erläuterte er in The Drinks Business (online): „Ich werde meinen aktuellen Reise-, Verkostungs- und Veröffentlichungsplan beibehalten. Unsere Leser auf www.antoniogalloni.com haben vollständigen Zugriff auf die gesamte Bibliothek mit mehr als 25.000 Rezensionen und mehreren hundert Artikeln, die ich in den letzten 10 Jahren geschrieben habe.“

Schon bald wurde aus der Internetadresse unter Gallonis eigenem Namen das Online-Magazin und e-Plattform Antonio Galloni – Vinous (http://vinousmedia.com). Heute ist Vinous eines der renommiertesten Online-Weinmagazine mit Video-Präsentationen, interaktiven Landkarten, Weinartikeln, Weinkritiken, Restaurant- und Kulturempfehlungen und einem Team aus herausragenden Weinverkostern, die rund um den Weltglobus reisen (oder vor Ort ansässig sind), um den Lesern wichtige Weine und interessante Weingüter vorzustellen. Vinous ist stolz darauf, Abonnenten in, wie es selbst betont, über 100 Ländern zu haben und eine „der angesehensten Weinpublikationen der Welt“ zu sein. Das Konzept von Antonio Galloni scheint hundertprozentig aufzugehen, und das, obwohl das e-Magazin sich neben Onlinepublikationen wie Robert Parker The Wine Advocate, Wine Spactator, Decanter oder Wine Enthusiast behaupten muss. Hinter dem Erfolg steht auch die friedliche Übernahme des renommierten International Wine Cellar von Stephen Tanzer, die im Dezember 2014 stattgefunden hat. Das International Wine Cellar war eine zweimonatige, unabhängige Weinzeitschrift, die sich großer Beliebtheit vor allem in den USA erfreute, aber auch in gut 30 Länder ausgeliefert wurde. Sie war die erste US-amerikanische Weinzeitschrift, die in Japanische sowie Französische übersetzt wurde und in diesen Ländern erhältlich war. Gallonis Vinous glänzt durch eine klare Struktur mit interessanten, durchaus auch amüsanten Rubriken. In vielen davon lässt Galloni seine anderen Leidenschaften durchblicken – gutes Essen, historische Ambiente, Kultur und Musik – und bietet seinen Lesern neben klassischen ländersortierten Weinkritiken auch Rubriken wie „Delecteble“ (Köstliches/Reizendes), die unter anderem von Usern geschrieben und bewertet wird, und über ein Segment zu eigener Weinherstellung beinhaltet. Für viele Abonnenten von Interesse ist der „Celler Watch“, eine Rubrik in der wichtige Weinkellereien vorgestellt und auf aktuellstem Stand gehalten werden. Antonio Galloni bewies ein ausgezeichnetes Händchen für das Abwerben von hervorragenden Weinkritikern und Weinjournalisten, die Vinous‘ Bewertungen schon bald zu marktführenden Richtlinien auf dem Weinsektor machten und weiterhin machen. Im Team der Vinous-Kritiker sind solche Größen vertreten wie Stephan Tanzer, der ehemalige Herausgeber des International Wine Cellar, Autor des „Wine Access Buyer’s Guide“, der die besten Weine und ihre Produzenten aus fast allen Weinregionen der Welt vorstellt, und (neben anderen wichtigen Magazinen) Weinkolumnist bei Forbes ist. Tanzer ist zurzeit der leitende Chefredakteur von Vinous und wird von keinem geringeren als Neal Martin unterstützt. Neal Martin, ehemals Betreiber der beliebten Website „Wine Journal“ und zwischen 2006 und 2018 für Parkers TWA als Berichterstatter über die Top-Weinregionen Bordeaux und Burgund tätig, ist der Autor von „Pomerol“, des 2012 mit dem „André Simon and Louis Roederer Preis für Weinliteratur“ ausgezeichneten Fachbuches. 2018 verließ Martin The Wine Advocate und ergänzt seitdem das Team von Vinous. Zu seinen Kollegen gehören so wichtige Persönlichkeiten der Weinwelt wie Alessandro Masnaghetti und Rebecca Gibb MW, eine preisgekrönte Weinjournalistin, Autorin des „The Wines of New Zealand“, und eine der wenigen, die den renommierten Titel „Masters of Wine“ (MW) tragen darf. Übrigens, für die deutsche und österreichische Weinlandschaft ist der studierte Philosoph und Gastronom David Schildknecht verantwortlich. Bevor er Vinous beitrat, war er für International Wine Cellar und Robert Parkers Wine Advocate als Verkostungsberichterstatter tätig, darüber hinaus ist er der Co-Autor des „The Oxford Companion to Wine“ und Robert Parkers „Wine Buyer’s Guide“ (7. Aufl.). Temporär tritt er auch als Gastdozent für Ästhetik und als Mitwirkender an internationalen Weinkonferenzen in Erscheinung. Auf die Frage, wie sich Vinous heute von anderen renommierten Online-Magazinen unterscheidet, antwortet Galloni selbstbewusst: „Wir haben eine Datenbank mit ca. 250.000 professionell verfassten Kritiken. Auf Delectable haben wir 7 Millionen Nutzerrezensionen. Wir haben auch eine Partnerschaft mit Whole Foods. Wenn Sie das alles zusammenfassen, kann kein anderes Unternehmen in unserem Bereich überhaupt in die Nähe kommen.“ (Quelle: Bloomberg Online, 15. Jan. 2018.)

 

Immer wieder die Frage nach Objektivität und Unabhängigkeit

Wie jedes Unternehmen braucht auch ein Weinmagazin, ob gedruckt oder elektronisch, eine Finanzierung. Kritikerorgane der Weinbranche haben spätestens seit dem Vorreiter The Wine Advocate in den 1980er Jahren das Anliegen, möglichst unabhängig zu agieren, um so ihren Lesern die Objektivität ihrer Weinbewertungen zu demonstrieren. Nicht anderes auch Antonio Galloni, der sich über das Abonnement von Vinous sowie über die von ihm organisierten Events finanziert. Ein Blick auf die Transparenz versprechende Informationsseite von Vinous macht klar, dass das Internet-Magazin neben Galloni noch zwei weitere Co-Gründer und Financiers hat, die ansonsten kaum Erwähnung finden. Es handelt sich dabei zum einen um seine Ehefrau Marzia Brumat, die bereits The Piedmont Report mitfinanzierte, zum anderen um James Forsyth, einen freien Investment-Unternehmer, der sich in vielen Belangen im Vinous aktiv einbringt. Darüber hinaus sind noch zwei Investoren aufgeführt, die jedoch anonym bleiben (vgl. Securities and Exchange Commission Nr. 0001582301). Es ist für das hohe Renommiere des Fachmagazins zu wünschen, dass die Berührung mit der herstellenden Weinbranche und ihren Vertriebsmärkten rein journalistisch ist und bleibt. 

Gallonis Punktesystem der VINOUS-Bewertung

Wie alle aus den USA kommenden Weinkritiker, verwendet auch Antonio Galloni ein 100-Punkte-Bewertungssystem, das auf große Akzeptanz stößt, nicht zuletzt, weil es selbsterklärend ist. Sowohl US-amerikanische Schulen als auch andere Bildungseinrichtungen benutzten die 100-Punkte-Skala, nicht zuletzt aus einem psychologischen Grund heraus, aber auch wegen der großen Variationsbreite in der ab- beziehungsweise aufstufenden Bewertung. Die Unterschiede zwischen den Punktesystemen von Robert Parker, James Suckling oder Antonio Galloni liegen ausschließlich in der Frage, ab welcher Punktezahl nicht mehr bewertet wird. Galloni bewertet von 75 bis 100 Punkte aufwärts.

Das Vinous-Bewertungssystem:

100 bis 96 Vinous-Punkte bedeuten: Außergewöhnlicher Wein. Hier träten die besten Eigenschaften der jeweiligen Weinsorte deutlich hervor. Es handelt sich dabei um einen „großen“ und bewegenden, gleichzeitig komplexen Wein. Kurz: die weltbesten Weine, geschliffene Diamanten so zu sagen.

95 bis 90 Vinous-Punkte: Großartiger Wein. Zu erwarten sind hier Weine von bedeutungsvoller Persönlichkeit und ausgewogener Komplexität. Vinous beschreibt sie als Weine, „die man durchaus suchen sollte“. Der Unterschied zu der nächsthöheren Benotungsstufen kann beispielsweise im Gehalt des Abgangs zum Ausdruck kommen. 89 bis 85 Vinous-Punkte: Exzellenter, überdurchschnittlicher Wein. Starke Weine mit klar zuordenbaren Charakter und hervorragender Trinkbarkeit.

84 bis 80 Vinous-Punkte: Durchschnittlicher Wein. Makellose Weine, die einen guten bis sehr guten Durchschnitt darstellen, jedoch ohne bemerkenswerte Eigenschaften auskommen.

79 bis 75 Vinous-Punkte: Unterdurchschnittlicher Wein. Hierbei handelt es sich um Weine, die mindestens einem klar erkennbaren Fehler aufweisen.

Unter 75 Vinous-Punkte: Fehlerhafter Wein, „Ihrer Zeit nicht wert“.

Weine, mit denen sich Weinkenner nicht abgeben sollten. Die Weinanalyse erfolgt nach festgelegten international üblichen Verkostungsschritten. Dazu gehören die sogenannten „Auge-“ und „Nase“- Bewertungen, die optisch beziehungsweise olfaktorisch erfolgen. Danach geht es weiter mit dem Test im Mundraum und der Bewertung der Reaktionen aller Geschmacksknospen sowie der am Geschmack mitbeteiligten Nerven. Den Abschluss bildet logischerweise der Abgang, auch Finish oder Nachhall genannt, der Auskunft über das i-Tüpfelchen der Komplexität und die Ausdauer des Weins gibt. Post Skriptum

Antonio Galloni liebt es, seine Weinkritiken in größere Kontexte einzubetten, sei es Essen, Kunst oder Literatur – vor allem aber seiner ehemals ersten Leidenschaft, der Musik. Lesenswert ist daher die für Weinguides einmalige Kategorie des Vinous „Beyond Wine“. In dieser Rubrik sind Gallonis Buchempfehlungen, Schallplatten- und Musik-Kritiken aber auch Restaurant wie allgemein das Thema „gutes Essen“ zu finden.

Interessant ist auch die Kategorie „You Say“, die ein Diskussionsforum für Weinliebhaber, Weinkenner und diejenigen, die es werden wollen, ist. Hier haben nur Abonnenten zutritt. Der ehemalige Piedmont Report ist in den Vinous integriert und hat seine eigene Sparte. Antonio Galloni lebt mit seiner Ehefrau Marzia und ihren zwei Kindern in der Kleinstadt Scarsdale im Bundesstaat New York. 

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