Ornellaia
Zu den Supertoskanern der ersten Stunde gehören zwei unübertroffene Rote, die fast zeitgleich das Licht der Welt erblickten: der Sassicaia aus dem Weingut San Guido und der Tignanello des Marchese Piero Antinori, dem Bruder von Lodovico Antinori, dem Gründer von Ornellaia. Der Dritte im Bunde der Kultweine aus der Toskana ist sein Ornellaia 1985 und nachfolgende Jahrgänge, die Robert Parker und James Suckling regelmäßig mit bis zu 97 bzw. 98 Punkten benoten.
Ornellaia und das Geheimnis von Bolgheri
Ornellaia befindet sind in Bolgheri, einem kleinen Dorf in der Gemeinde Castagneto Carducci, inmitten der mit wilden Macchiawäldern bewachsenen Hügeln der toskanischen Maremma. Ganz in der Nachbarschaft liegt die berühmte Tenuta San Guido, die den ersten Supertoskaner Sassicaia hervorbrachte. Marchese Ludovico Antinori braucht nicht zum Weingut seines Onkels Marchese Mario Incisa della Rocchetta hochzublicken, denn Ornellaia steht mit ihrem eigenen Supertoskaner auf Augenhöhe.
Dass gleich drei Supertoskaner aus der gleichen Familienhand der eng verwandten Marchesi Antinori und Insica della Rocchetta kommen, ist nicht verwunderlich, handelt es sich bei beiden Weingütern schließlich um das gleiche Terroir und Weinknowhow der Weinmacher. Die Weinlagen sind durch die Nähe zum Tyrrhenischen Meer in den heißen Sommermonaten immer mit leichten Brisen versorgt und die dicht bewachsenen Hügel schützen die Reben im Winter vor den kalten Winden aus Norden und Nordosten.
Das besondere Mikroklima und der steinige Boden mit hohen mineralischen Gehalt in den oberen Lagen von circa 350 Metern begünstigen den Anbau der für Italien untypischen klassischen Bordeaux-Sorten. In diesem einmaligen Klima gedeihen Cabernet Sauvignon-, Cabernet Franc- und Merlot-Trauben geradezu phänomenal gut. Die Lagen von Ornellaia befinden sich zwischen Via Bolgherese und Bellaria im Nordwesten von Bolgheri.
Perfektion und Nachhaltigkeit
Man sagt dem Weingut Ornellaia nach, es sei geradezu perfekt. Tatsächlich stimmte hier von Anfang an alles: die Weinlagen, die Traubenauswahl, die Vinifizierung, die Mischung zwischen technischer Perfektion und Innovationen im Weinkeller, kultureller Tradition mit Nachhaltigkeitssinn in der Natur und natürlich die stimmige Auswahl an Weinmachern und Managern. Namen wie André Tchelistcheff, Michel Rolland und Axel Heinz als Önologen und Produktionsleiter belegen die herausragende personelle Wahl.
Ornellaia lässt die Trauben jeweils nach ihren unterschiedlichen Lagen in getrennten Tanks vergären, um so die Eigenheiten des jeweiligen Terroirs – Sonnenlage, Bodenbeschaffenheit, Rebsorte – im Basiswein zu ‚konservieren‘. 12 bis 24 Monate reifen diese Weine im Holzfass, bevor sie dann zu unterschiedlichen Cuvées vereint werden.
Unter Nachhaltigkeit verstehen die Weinmacher der Tenuta möglichst geringe Eingriffe in die umliegenden Naturareale und eine möglichst naturnahe Bewirtschaftung der Weinberge und während der Weinherstellung. Artenvielfalt in der Region Bolgheri zu erhalten, heißt hier: die Rebstöcke im Sinne der Natur zu pflegen. Das Image der Weinkellerei hat Vorbildcharakter und strahlt in die gesamte Produktion der Toskaner Weine und darüber hinaus aus.
Von „Tenuta dell’Ornellaia“ zu Ornellaia und Masseto von heute
Tenuta dell'Ornellaia wurde 1981 von Marchese Lodovico Antinori gegründet, dem jüngeren Bruder des legendären Weinunternehmers Piero Antinori, der gemeinsam mit dem Önologen Giacomo Tachis den Rosso Tignanello, jenen Supertoskaner der ersten Stunde kreierte. Der Grundstock der Weinberge der Tenuta kam aus dem in Bolgheri beheimateten Familienzweig der Marchesi della Gherardesca.
Die Familie Antinori gehört zu den ältesten Adelsgeschlechtern Italiens und den ältesten Weinfamilien des Landes. Mit Wein- und Seidenhandel ist die Adelsfamilie bereits im 12. Jahrhundert reich geworden und konnte durch marktwirtschaftliches Geschick ihr Vermögen, aber auch ihr Knowhow erweitern und gewinnbringend platzieren.
So war der berühmte Önologe André Tchelistcheff, der Kaliforniens Weingüter auf Weltniveau hob, von Anbeginn als Berater bei der Gestaltung von Ornellaia dabei. Ihm sind jene Weltklasseweine wie der Ornellaia und Masseto mitzuverdanken.
1999 verkauft Ludovico Antinori Anteile an der Tenuta an Robert Mondavi, den Weinunternehmer aus Kalifornien, der schließlich 2002 das Weingut für circa 40 Millionen Euro vollständig aufkauft. Nach der Übernahme von Robert Mondavi Winery durch Constellation Brands geht die Tenuta zu 50 % an die Constellation Brands und zu 50 % an die Weinunternehmerfamilie Marchesi de‘Frescobaldi.
Seit 2005 gehört die Tenuta in Gänze der Florentiner Adelsfamilie de‘Frescobaldi, während Marchese Lodovico zusammen mit seinem Bruder Piero Antinori den „Campo di Sasso“ in der Maremma aufbaut, das ehemals als eine Erweiterung der Tenuta dell'Ornellaia gedacht war. 2012 wird die Tenuta dell’Ornellaia in Ornellaia umgetauft, womit die angestrebte Schwerpunktverschiebung zu Merlot-basierten Cuvées bereits im Namen zum Ausdruck kommt.
Einmal einen Wein wie den Ornellaia kosten…
Ein Supertoskaner und das glanzvolle Aushängeschild des Hauses ist der Rote Ornellaia. Dieser bordeauxartiger Rotwein ist zu Recht einer der Vorzeigeweine Italiens. Der Ornellaia Bolgheri Superiore DOC 2015 ist ein Cuvée aus 53 % Cabernet Sauvignon, 17 % Cabernet Franc, 23 % Merlot und 7 % Petit Verdot. Sattes Rot im Glas, fruchtig und würzig zugleich in der Nase – am Gaumen unwahrscheinlich rund, harmonisch und von ausgewogenen glatten Tanninen, mit einem Hauch von Lakritze und Schokolade. Ein konzentrierter Wein von üppiger Struktur und einem langen Finale. Auf diesen Wein ist der Weinmacher der Tenuta besonders stolz, und James Suckling belohnt die Arbeit am Wein mit 98 Punkten.
Als Zweitwein des Weinguts gilt der Le Serre Nuove, auch er ein Cuvée aus Merlot, Cabernet Sauvignon, Cabernet Franc und Petit Verdot. Dieser Wein kann sowohl sofort genossen als auch zum Reifen aufbewahrt werden. Süßer Duft und reife dunkle Beeren mit feinen Noten von Zedernholz, Cassis und Leder umspielen die Nase. Eleganz und Harmonie entfaltet sich am Gaumen mit der Betonung auf Frucht und feinen Tanninen – ein Wein mit Kraft und richtig proportionierter Säure. Für Le Serre Nuove Ornellaia Bolgheri DOC 2016 vergibt Robert Parker 94 Punkte.
Viel Körper und eine schöne Dichte bietet der Dritte im Bunde, der Cuvée Le Volte, der ein hervorragender Einstiegswein ist. Bei diesem Cuvée liegt der Schwerpunkt auf Merlot (bis zu 70 %), aber auch der Sangiovese-Basiswein kommt hier gut zur Geltung. Auch den Einstiegswein Le Volte Rosso Toscana IGT 2016 bewerten Parker und Suckling mit 91 bzw. 92 Punkten.
Neuerdings besinnt sich das Weingut immer mehr auf Merlot-Weine und produziert den Supertoskaner wie den Masseto. Dieser Wein ist seit seiner Geburt eine Rarität, der Parker bereits 100 Punkte bescheinigte. Er gehört zu den besten Weinen der Welt und ist bereits ein begehrtes Objekt für Weinsammler.
Mäzene der Kunst: Kunstprojekt im Weinkeller und auf der Flasche
Die Marchesi des alten Adelsgeschlechts verpflichten sich erneut zum Mäzenatentum der Renaissance und möchten Künstler durch Auftragsvergabe fordern und fördern. Hierfür ist das im Jahr 2009 ins Leben gerufene Projekt Vendemmia d’Artista – „Lese der Künstler“ – zuständig.
Namenhafte Künstler werden gebeten, die besten Weine der Tenuta künstlerisch zu interpretieren. Das Interpretationswort, passend zum jeweiligen Weinjahrgang, gibt der Weinmacher vor. Die künstlerische Interpretation fließt in die Gestaltung von Flaschenetiketts einer streng limitierten Kleinstauflage von Magnumflaschen und in die einer ganzen Flasche. Sie gipfelt in einer Künstlerarbeit, die in Räumlichkeiten der Weinkellerei installiert wird.
Zu den renommierten Künstlern gehören weltberühmte Persönlichkeiten wie die Deutsche Rebecca Horn, der Südafrikaner William Kentridge oder der Brasilianer Ernesto Neto. Die Präsentation der Künstlerflaschen ist ein hochkarätiger Event des Hauses mit vielen noblen Gästen und im Beisein des jeweiligen Künstlers, der die Flaschen persönlich signiert.
Die Künstler-Weinflaschen sind äußerst begehrte Objekte, die auf Auktionen gehandelt und alljährlich auf einer Charity-Veranstaltung versteigert werden. Die Kunstwerke können im Rahmen einer Begehung der Weinkellerei besichtigt werden.
Ornellaia, ehem. Tenuta dell’Ornellaia
Eigentümer: Marchesi de‘Frescobaldi
Gründungsjahr: 1981
Önologe: Axel Heinz
Jahresproduktion: ca. 812.000 Flaschen
Rebfläche: ca. 99 Hektar im konventionellen und naturnahen Anbau
Notabene: Produktion von Olivenöl und Grappa.
Das Weingut und die Weinkellerei kann nach Voranmeldung besucht werden, Degustation inklusive. Wer einen Vino da tavola auf höchstem Niveau genießen möchte, der sollte sich für den Variazioni in Rosso Ornellaia IGT entscheiden. Der stark limitierte Wein wird nur an Gäste des Weinguts verkauft. Die perfekte Verbindung von Kulinarik und Ornellaia-Wein können Sie im familieneigenen Ristorante Ornellaia Zürich (St. Annagasse 2, 8001 Zürich) genießen.
NEWS 03/2023: Frescobaldi verkündete, dass Axel Heinz im Sommer 2023 nach 17 Jahren das Unternehmen verlassen wird, um im Bordeaux neue Herausforderungen anzunehmen.