Montevertine
Die kleine Weinkellerei Montevertine hat das Glück in dem uralten Chianti-Ursprungsgebiet, dem sogenannten Chianti Classico, zu liegen. Ihre dokumentierten Wurzeln gehen auf das 11. Jahrhundert zurück, allerdings ist es fraglich, ob schon damals auf dem Gutshof Wein angebaut wurde. Offiziell wurde die Weinkellerei in den späten 1960er Jahren gegründet. Sie erlangte bereits mit ihrer ersten winzigen Weinproduktion großes Aufsehen bei der Vinitaly in Verona. Das war im Jahr 1971 und seitdem haben alle renommierten Weinexperten das Label „Montevertine“ mit höchsten Auszeichnungen beehrt. Die Weine aus dem Hause Montevertine gehören zu den einzigartigen, unverwechselbaren Sangiovese-Weine, die die Toskana im In- und Ausland auf höchstem Niveau vertreten.
In der Weinkellerei Montevertine
Die Weingärten der Azienda Montevertine liegen im alten Chianti Kerngebiet, dem Chianti Classico, etwa drei Kilometer außerhalb des kleinen Ortes Radda auf circa 425 m. ü. M. Mit seinen 18 Hektar Rebland ist die Azienda, die insgesamt 41 Hektar Land besitzt, als Weingut recht klein, genauso wie die dort produzierte Weinmenge. Doch entscheidend ist die Qualität der Weine, die von Experten als herausragend bezeichnet werden. Seit den frühen 1970er Jahren produziert die Kellerei hochdotierte Qualitätsweine, die von vielen als sogenannte Super Tuscans bezeichnet werden. Darunter sich Weine zu verstehen, die keine DOC- oder DOCG-Qualitätsbezeichnung tragen, da sie dem dazugehörigen Reglement nicht entsprechen und dennoch – oder gerade deswegen – hoch dotiere Qualitätsweine sind. Weine, die in den meisten Fällen knapp an der 100-Punkte-Marke der Benotungsskala kratzen. Montevertine würde sich selbst eher nicht als Super-Tuscan-Produzent bezeichnen, denn strenggenommen sind die Super Tuscans aus der Beimischung von nicht regionalen Weinen wie Cabernet Sauvignon, Syrah oder Merlot entstanden. Die Winzer der Azienda Montevertine hingegen sind diesbezüglich stränge Traditionalisten und lassen seit jeher ausschließlich die im Chianti Classico beheimateten, autochthonen Weinsorten für die Produktion ihrer Weine zu. So gedeihen auf den eigenen Weinfeldern ausschließlich 90% Sangiovese und circa 10% Colorino und Canaiolo. Die jüngeren, seit 1997 bepflanzen Weinberge sind mit 5.000 Rebstöcken im Kordon-System recht dicht bepflanzt. Die älteren, im Guyot-System erzogenen Rebstöcke stehen hingegen mit 3.200 Stück pro Hektar wesentlich lockerer. Seit 2009 arbeitet die Azienda voll und ganz organisch. Dazu gehören sowohl die Begrünung des Weinbergbodens als auch die Produktion des eigenen Komposts. Gleichzeitig wird nur nach Bedarf und ausschließlich nach der Ernte Kupfer- und Schwefelpulver als natürliche Schädlingsbekämpfung eingesetzt. Selbstverständlich wir auf der Azienda die Lese händisch vorgenommen.
Die Azienda verfügt über insgesamt neun Lagen, deren Böden typisch für die Region kalksteinhaltig sind. Sie erstrecken sich entlang der noch ursprünglich belassenen Wälder, geschützt durch die am Horizont aufragende Bergkette, woraus sich eine besondere mikroklimatische Situation ergibt. Die von den Wäldern kommende Feuchtigkeit schafft eine etwas kühlere Umgebung und sorgt in heißen Sommern für gute Tag-Nacht-Temperaturunterschiede. Kühlende Brisen vertreiben zudem die teilweise hartnäckigen Nebelbänke der Toskana. Die älteste Weinlage der Azienda ist die 1968 bepflanzte „Le Pergole Torte“, eine 2 Hektar kleine Parzelle mit Nord-Nordost-Ausrichtung, die Trauben für die gleichnamigen, vermeintlichen oder tatsächlichen Super-Tuscan-Weine liefert. Die jüngste, nur 1,3 Hektar kleine Weinlage, ist „Villanova“, die 2010 neu bepflanzt wurde und in Südausrichtung liegt.
Der Keller der Azienda Montevertine ist modern ausgestattet, doch der Besitzer betont gerne, dass die „Weinbereitungsmethode äußerst traditionell und seit unseren ersten Ernten immer dieselbe ist“. Klassische 150 Hektoliter große Zementtanks dienen der ersten Mazeration, die ohne Temperaturkontrolle vorgenommen wird und mindestens 25 Tage dauert. Zwei Umpumpvorgänge pro Tag sorgen für eine schonend-sanfte Fermentation. Für den Ausbau der Weine nutzen die Weinmacher der Azienda beinahe ausschließlich nur große, bis 18 Hektoliter starke Holzfässer aus slawonischer Eiche. Die Ausnahme bildet das Flaggschiff des Weinkellers, der Cru „Le Pergole Torte“, der sowohl in großen slawonischen als auch kleinen französischen Allier-Eichenfässern insgesamt zwei Jahre reift. In die Flaschen werden die Wein ohne Filtration abgefüllt. Anschließend darf der Wein im Durchschnitt mindestens weitere sechs Monate ruhen, bevor er dann in den Verkauf geht.
Wenn man das Konsortium verlässt
1981 verließ der Gründer des Weinguts, Sergio Manetti, nach zehn Jahren Mitgliedschaft das Chianti-Classico-Konsortium. Es war ein Schritt, den sicherlich nicht viele Winzer wagen, denn damit verlieren sie eine große Qualitätssicherung, die vor allem für den Kunden ein Maßstab und wichtige Orientierung ist. Manetti tat dies, weil ihm die Vorschrift des Konsortiums, die die Zugabe von weißen Traubensorten (bspw. Trebbiano) sowie internationalen roten Varietäten erlaubte, nicht gefiel. Diese Ausweitung der Mischmöglichkeiten widersprach seiner Vorstellung von traditionellen, „klassischen“ Chianti-Weinen gravierend. Seit dem Austritt aus dem Konsortium trugen die Weine der Azienda Montevertine die Bezeichnung „Rosso di Toscana“ bzw. heutzutage die Bezeichnung IGT. Obwohl ohne die Bezeichnung „Chianti Classico“ sind die Weine aus dem Manetti-Hause tatsächlich echte klassische Chiantis, die es in dieser Qualität und Charakterstärke immer seltener auf dem Weinmarkt gibt.
Vom Urlaubsdomizil zum professionellen Weingut
Der Weiler, in dem die Azienda Montevertine liegt, hat uralte Wurzeln. Nachweisbar stand auf diesem Flecken im 11. Jahrhundert eine Verteidigungsanlage, die später zu einer Wohnanlage bzw. einem Gutshof ausgebaut wurde. Bis heute sind davon Relikte auf dem Weingut zu entdecken. Dass das Landgut zu einem Weingut wurde, ist dem gebürtigen Mailänder Sergio Manetti, einem Stahlunternehmer aus Poggibonsi, zu verdanken, der die Anlage 1967 kaufte. Zunächst restaurierte er das alte Wohnhaus und baute es zu einem Urlaubwohnsitz um. Er hatte die Idee, hier nicht nur mit seiner Familie geruhsame Wochen zu verbringen, sondern auch seine Freunde und Geschäftspartner einzuladen und ihnen selbstgekelterten Wein anzubieten. Zu diesem Zwecke bepflanzte er circa 2 Hektar Land mit Weinreben und baute einen kleinen „Weinkeller“. Weil Manetti von seinem ersten Jahrgangswein 1971 überzeugt war und als Geschäftsmann auch objektiv wissen wollte, was sein Wein für Experten bedeutet, sandte er einige der Weinflaschen zu VINITALY nach Verona. Er bekam umgehend Zuspruch, der ihn letztendlich dazu brachte, seinen ursprünglichen Beruf aufzugeben und hauptberuflich Winzer zu werden. In dieser ersten professionellen Winzerzeit wurden neue Weingärten angelegt und eine neue, modern ausgestattete Cantina gebaut. Als Kellermeister stand ihm zur Seite der aus Montevertine stammende Bruno Bini, der das Territorium und die hier wachsenden Weine wie kein zweiter kannte. Eine andere ihm wichtige Person an seiner zweiten Seite, die sich der Sangiovese-Traube voll und ganz verschrieben hatte, wurde der gebürtige Düsseldorfer und Wahlitaliener, aber vor allem der Schwiegersohn Sergio Manettis, Klaus Johann Reimitz. Seit 1981 war diese Trojka ein unschlagbares Gespann, das mitunter die besten Weine Toskanas kreierte. Lange Zeit ergänzte sie Sergios Freund und genialer italienischer Önologe, Giulio Gambelli, der wie Sergio und Klaus Reimitz großer Sangiovese-Fan war und dem Team bei aktuellen Vinifizierungsfragen beratend zur Seite stand. Giulio Gambelli hat zusammen mit Manetti bereits 1971 den ersten Montevertine-Wein gemacht, den „Chianti Classico“. 1975 folgte dann der erste „Chianti Classico Riserva“ und 1977 debütierten sie mit dem unvergesslichen „Le Pergole Torte“.
November 2000 verstarb der Gründer des Weinguts und hinterließ sein Wissen, seine Weinphilosophie und das Weingut in den Händen seines Sohnes Martino Manetti, seines Schwiegersohnes Klaus Reimitz, Bruno Binis sowie Giulio Gambellis, der weiterhin Berater des Weinguts blieb. 2010 verließ Klaus Reimitz das Bündnis – er zählt mit seinem eigenen Weingut zu den ganz Großen der Toskana –, während Gambelli und Bini in den Jahren 2012 und 2013 verstarben. In diesen drei Jahren ging ein radikaler Generationswechsel in dem Weingut Montevertine vor sich, dem viele skeptisch gegenüberstanden, denn es war zu befürchten, dass der Sohn nicht die radikale Philosophie seines Vaters weitertragen wird. Martino Manetti wird nun von Paolo Salvi, einem Protegé Gambellis, bei der Vinifizierung unterstützt und hat widererwarten bisher den alten Stil der Montevertine-Weinkellerei auf hohem Niveau weiter halten können.
Klein aber gewaltig: Das Dreiergespann von Montevertine
Die Tenuta Montevertine ist hochgradig spezialisiert und produziert zurzeit nur drei Weinsorten. Berühmt ist das gerne als Super Tuscan bezeichnete Flaggschiff des Weinkellers, der „Le Pergole Torte“ IGT, ein finessenreicher, aromatischer 100% Sangiovese, der auf diesem Sektor kaum Konkurrenz hat. Die Nuancen, die den Wein begleiten, sind weich, zart-blumig, nach Veilchen und frischen Himbeeren erinnernd. Die süßlichen Noten kommen von Vanille und Zimt. Im Mund ist der Le Pergole Torte komplex, warm und mit viel samtigen Gefühl. Dieser Wein sollte reif getrunken werden, denn als Jüngling hat er eine gewisse Sperrigkeit, die nicht jedem modernen Weintrinker gefallen wird. Lässt man ihm jedoch Reifezeit, entwickelt er ein enormes Potenzial und das über viele Jahre hinweg. Die Liste seiner Auszeichnung nimmt beinahe kein Ende, darunter sind natürlich die Großen des Weinwelt vertreten: Antonio Galloni vergibt 99 (für 2016), Robert Parker schwankt zwischen 93 bis 98 Punkten je nach Jahrgang, das Fachmagazin „Falstaff“ vergibt 97 Punkte (für 2015) und Luca Gardini ist im Jahrgangsjahr 2011 mit 93 Punkten dabei.
Der Zweitwein der Weinkellerei ist der schlicht nach ihr benannte “Montevertine”, eine Cuvée aus 90% Sangiovese und 10% Canaiolo, die manchmal auch eine Prise Colorino enthält. Er reift 24 Monate in Eichenfässern. Der Dritte der Vorzeigetrojka des Labels Montevertine ist „Pian del Ciampolo“. Mit ihm haben Sie einen Sangiovese mit winzigen Beigaben von Canaiolo und Colorino. Dieser Wein reift 12 Monate in großen Allier-Fässern. Diese Cuvée ist der Basiswein des Weinguts, was allerdings keinesfalls eine Herabwürdigung seiner Qualitäten gegenüber den anderen beiden Weinen bedeuten soll. Vielmehr handelt es sich bei dem „Pian“ um einen sehr klassischen Wein von außergewöhnlicher Ausgewogenheit, Eleganz und komplexer Struktur: ein Klassiker auch für das Weingut selbst.
Montevertine
Gründungsjahr: 1967
Eigentümer: Martino Manetti
Önologe: Polo Salvi
Jahresproduktion: ca. 90.000 Flaschen
Rebfläche: ca. 18 Hektar in ökologischem Anbau
Notabene: Wie es sich in dieser klassischen Chianti Gegend für eine echte Azienda gehört, pflegt auch Montevertine seine Olivenhaine und produziert einen sehr schönen fruchtigen Olivenöl Extra Virgine, der aus den alten Baumvarietäten Correggiolo, Moraiolo und Leccino in limitierter Auflage erzeugt wird. Damit auch die besten Nebenprodukte der Weinerzeugung nicht ungenutzt bleiben, macht die Azienda auch noch einen erstklassigen Aqua Vitae „Le Pergole Torte“, den der bekannte Destillemeister Gioacchino Nannoni aus den hochqualitativen Resten des gleichnamigen Vorzeigeweins zaubert. Wer das sehr schöne Weingut besichtigen möchte, der sollte sich unbedingt vorher anmelden.