Mirabella
Mirabella Franciacorta ist auf Spumante und Prickelndes spezialisiert und in diesem Sektor macht sie eben traumhaft gute Arbeit, die auf der Bewegung „zurück zum Land“ basiert. Einzigartig für die Region Franciacorta und einer der Mirabella-Vorzeigeerzeugnisse ist der Schaumwein „Satèn“, auf Deutsch „Seide“. Satèn ist ein reinsortiger Chardonnay, der sich von Champagner aber auch von vielen anderen Schaumweinen dadurch auszeichnet, dass er mit weniger Zucker auskommt und weniger Druck in der Flasche hat.
Mirabella Franciacorta am Iseosee
Franciacorta ist eine hügelige Destination zu Füßen der Alpen. Grob verortet, liegt die Tenuta zwischen dem kleineren Lago d’Iseo (Iseosee) und dem viel berühmteren Lago di Garda, dem Gardasee. Im Sommer erblühen entlang der Weinberggrenzen die regionalen Orchideensorten in ihrer vollen Exotik. Für Weinmacher bietet diese an sich schon schöne Landschaft noch etwas wertvolleres, nämlich die ganz speziellen Böden, die sogenannten Moränen. Sie sind reich an Sand, Kalk und durchsetzt mit unterschiedlichen Steinlagen, gleichzeitig aber arm an Ton. Das führt mit sich, dass die Böden durchlässig und gut durchlüftet sind. Diese besondere geologische Gemengelage ist dem prähistorischen Gletscher zu verdanken, der durch diese Landschaft vor Millionen von Jahren hindurchgegangen ist. So ist das Terrain reich an unterschiedlichem erdgeschichtlichem Material und Mineralien und eignet sich hervorragend für viele Rebsorten. Der Winzer von Mirabella hat bereits in den 1980er Jahren das Potenzial seiner Weinberge erkannt und die internationalen Varietäten Pinot Noir, Weißburgunder und Chardonnay angepflanzt – mit großem Erfolg.
Es ist schon häufig auf die besonderen klimatischen Besonderheiten dieser Region aufmerksam gemacht worden, die mit der amphitheater-ähnlichen Lage zu Füßen der Berge zusammenhängt. Es sind einerseits die nahen Bergmassive, die die Weinberge vor übermäßigen kalten Winden schützen. Andererseits sorgen das Wasser der benachbarten Seen und das relativ nahe Ligurische Meer (Genua liegt ca. 200 km entfernt) für zusätzlich milde klimatische Bedingungen mit guter Luftfeuchtigkeit und entsprechender Belüftung im Sommer. Die Jahresdurchschnittstemperatur liegt bei 15 Grad Celsius, und Frost im Winter haben die Winzer nicht zu befürchten. Im Sommer wird es dagegen heiß aber mit guten Tag-Nacht-Temperaturschwankungen. Saisonale Regenvorkommen sind moderat und werden zudem durch die lockeren Bodenschichten gut abgeleitet.
Das Weinunternehmen Mirabella verfügt insgesamt über 13 kleinere und größere Parzellen zwischen 5.000 und 30.000 Quadratmetern Größe. Sie liegen alle in der als DOCG ausgewiesenen Franciacorta-Domination. Angebaut werden hier vor allem Chardonnay-Reben, die die Trauben für die spritzigen Schaumweine der Mirabella liefern, gefolgt von Weißburgunder und Pinot Noir. Die Weine werden sowohl in Zementbottichen, in Edelstahl als auch in gebrauchten Barriques gekeltert und ausgebaut.
Die Tenuta Mirabella hat sich schon früh auf nachhaltige Bodennutzung und biologische Verfahren umgestellt und betrachtet es als einen work in progress, als eine stetige Umwandung und Umrüstung des Weinbetriebs. Das alles geschieht zum Wohle der Weine, zum Wohle der Natur, ohne die es keine echte Qualität gibt, und so gesehen letztendlich zum Wohle der Menschen.
Die Verbesserung der Weine ist ein permanentes Thema, das die Önologen und Kellermeister der Tenuta umtreibt und sie zu neuen Experimenten führt. Eine dieser Ideen war der Anbau der eher in Vergessenheit geratenen Traubensorte Pinot Bianco. Die Boden- und Klimabedingungen unterstützten das Vorhaben, auch wenn die Rebe zu den schwierigen Pflanzen zählt, und daher von den meisten Winzern aus ökonomischen Gründen nicht favorisiert wird. Doch die Weinmacher der Tenuta Mirabella schätzen den Pinot Bianco sehr: „[…] weil er [dem Wein] Frische, Eleganz, Sanftmut und Leichtigkeit verleiht und ungünstige klimatische Trends ausgleicht. Und weil es die italienischste unserer Reben ist“, so der Önologe von Mirabella.
Der große Beführworter der natürlichen Weinherstellung und Gründer des Unternehmens, Teresio Schiavi, steht wie ein Fels hinter dem Konzept der „Naturalisierung“ aller Vorgänge. Bis heute gilt sein Vordenken: „Dank des hervorragenden vegetativen Zustands und der tiefen Kenntnis unserer Weinberge können wir in den verschiedenen Stadien der Weinherstellung weniger exogene Zusätze verwenden, und aus diesem Grund nimmt der Einsatz von Sulfiten in unserer Franciacorta ständig ab, während andere Potenziale vorhanden bleiben. Allergene wie Milchderivate und Eier, die traditionell in der Önologie in der Klärungsphase verwendet werden, wurden vollständig eliminiert.“
Den Mirabella-Stil der Spumanti ist auch durch das Alter der Reben, die ab 35 nach oben tendieren, gekennzeichnet. Der älteste Weinberg wurde bei der Gründung in den 1970er Jahren bepflanzt und gilt auch als der besten Traubenlieferant. Nach ihm wurde auch die Tenuta „Mirabella“ benannt. Dieser qualitätsausdauernde Weinberg liefert Traubenmaterial für die besten Weine der Tenuta, einige ausgesuchte Satèn-Schaumweine als auch für die sogenannten „Reserveweine“. Die Mirabella hütet sie wie einen Schatz in einer Schatzkammer, denn sie stellen die besten Jahrgänge der Weinproduktion der Tenuta dar und helfen mit, den authentischen Stil der Mirabella-Cuvées auszubilden. In diesem Weinberg wird nicht nur von Hand gepflückt, sondern von einer ganz speziellen Pflückergruppe separat geerntet. Sie ist darauf geschult, die allerbesten Trauben so zu lesen, dass sie auch im besten Zustand den Weinkeller erreichen.
Um die besondere Qualität der Schaumweine auch beim Umfüllen und Zusammenstellen zu erhalten, wird mit Gasluft in den Tanks (Kohlendioxid, Stickstoff, Argon), beim Umpumpen oder bei der Abfüllung gearbeitet. Auf diese Weise wird der unerwünschte Sauerstoff, der den Geschmack und die Farbe des Weins durch Oxidation verändert, verdrängt. Damit kann der Einsatz von Schwefel im Wein reduziert werden. Die Schaumweine der Mirabella verbleiben lange auf ihrer Hefe – von 36 Monaten beim „Edea“ bis zu 60 Monaten bei „Satèn“, der laut der Klassifizierung mindestens 24 Monate altern muss. Der „DØM“ Riserva der Mirabella toppt sogar die vorgeschriebene Klassifizierungsmindestzahl von 60 Monaten, indem er zwischen 80 und 85 Monate im Stapel reifen darf und nach der Degorgieung weitere 6 bis 7 Monaten weiter in der Flasche nachreift.
Gradlinige Geschichte der Mirabella
Teresio Schiavi ist der Gründer des Unternehmens, der sich seit seinen Arbeitsanfängen in den lombardischen Weinbergen nicht nur gegen die Produktion von Massenware, sondern vor allem für die Besinnung auf Natürlichkeit, oder wie er es selbst formuliert: für die Umkehr zu „den Werten des Landes“, entschied. Die Industrialisierung der Weinproduktion hat ihm nie zugesagt, was aber nicht bedeutet, dass Schiavi sich dem Fortschritt verschloss. Ganz im Gegenteil, der Gründer der Tenauta, die nach dem ältesten ihrer Weinberge „Mirabella“ benannt ist, investierte in die technische Modernisierung und hält diese Maßnahme als ein work in progress. Technik, erweitertes Know-How und der Wunsch nach großer Natürlichkeit zum Wohle der Weine und der sie trinkenden Menschen gehen bei der Winzerfamilie Schiavi Hand in Hand. Die Wahl der Produktionsstätte fiel auf eine ehemalige Weingenossenschaft und ihr nüchternes Gebäude, weil hier alte und riesige Zementbottiche vorhanden waren. Weiterhin von ausschlaggebender Bedeutung war die Wasserader, die unter dem Gebäude verläuft und dem Keller auf eine natürliche Weise eine konstante Temperatur beschert. Und natürlich die zum Weingut dazugehörigen alten Weinberge.
Schiavi kaufte die einzige Genossenschaft der Region 1979 auf, bei der anfänglich auch die berühmte italienische Regisseurin Lina Wertmüller mit dabei war. Heutzutage arbeitet Teresio gemeinsam mit seinen beiden Söhnen Alessandro und Alberto an der Qualität der Weinerzeugnisse der Tenuta Mirabella. Die Aufgaben sind je nach Schwerpunkt der jeweiligen Ausbildung und Vorlieben der drei Familienangehörigen klug aufgeteilt. Teresio Schiavi ist immer noch das „Herz“ von Mirabella, wohingegen Alessandro Weinberge und Keller übernimmt (Kellermeister und Önologe) und Alberto als Marketing- und Handelsdirektor des Unternehmens fungiert. Alle drei Schiavis sind gelernte Önologen und mal mehr, mal weniger an dem jeweiligen önologischen Prozess mitbeteiligt.
Sulfidfreie Weine auf dem Vormarsch
Die Weinpalette der Tenuta Mirabella besteht aus feinprickelnden Weierzeugnissen, die in mehreren Sorten beziehungsweise Linien angeboten werden: als Prosecco Brut, Satèn, Rosé, Brut, Extra Brut sowie Riserva. Neu vorgestellt sind die silfitfreie Prosecchi, echte Raritäten unter den Schaumweinen, die bei Mirabella ein ungewöhnlich hohes Niveau erreichen.
Die reinsortigen Satèn-Weine bestehen aus Chardonnay, wovon 10 % im Barrique ausgebaut wurde, die wiederum aus Zwei- bis Viertbelegungsfässern kommen. Diese Satèns zeichnen sich durch ein reiches Bouquet aus, bei dem immer wieder etwas Honig, Vanille und Banane durchscheint. Die Säure ist im Mund sehr präsent, und verleiht diesen nicht ganz so typischen Satèns Fruchtigkeit und Knackigkeit. Die „Edea“ Brut Blanc-de-Blanc-Schaumweine verbleiben bis zu drei Jahren auf der eigenen Hefe und haben gerne schon mal bis zu 30% Pinot Blanco intus, was gegen die momentane „Mode“ bei italienischen Schaumweinen der Region arbeitet. So bleiben die Perlweine richtig knackig und erinnern an deutsche Rieslingsekte.
Spektakulär ist die Cuvée „Demetra“ Extra Brut, die möglicherweise am deutlichsten den Mirabella-Stil verkörpert. In der Nase prickelt Hefegebäck, warmes Brot und herausragende Fruchtigkeit gepaart am Gaumen mit knackiger Säure und einem ausgleichenden Holz, das durch die Lagerung von 10 % des Weins in gebrauchten Fässern herrührt.
Sulfitfrei ist sicherlich noch nicht bei der Mehrheit der Weintrinker & Weinkenner angekommen, aber der „senza solfiti“ von Mirabella ist unbedingt wert, probiert zu werden. Der „Elite“ Extra Brut Franciacorta DOCG hat ein hervorragendes Potenzial, an dem drei Önologen der Mirabella circa zehn Jahre lang gearbeitet haben, um eine hohe und stabile Qualität bei einem ungeschwefelten Wein aus Franciacorta zu erreichen. Die Kraft des Extra Brut kommt hier durch die Frucht und den komplexen Wein. Das Bouquet ist mediterran und citursfruchtig. Am Gaumen entwickelt sich ein kräftiger Körper.
Abschließend noch ein Wort zu den Riservas „DØM“ der Tenuta Mirabella, Cuvées aus 60 % Chardonnay, 25 % Pinot Nero und 15 % Pinot Bianco. Tatsächlich können diese Cuvées aus den besten Jahrgängen durchaus sehr unterschiedlich ausfallen. Die Bezeichnung „DØM“ ist ein Phantasiewort, das mit „dom“ auf den berühmten französischen Schaumwein verweist, aber statt des kleinen „o“ ein Zero „0“ hat, das wiederum „null Dosage“ (it. dosaggio) herausstellen möchte. So gut wie der Franzose aber ohne Dosage? Jein. Der Riserva von 2006 findet nicht so die rechte Zustimmung, hingegen ist der vintage „DØM“ Riserva von 2004 ein Hammer von feinster Perlage, viel Citrus aber auch mineralischen und vanilligen Noten mit Anklängen an Cognac drängen sich abwechselnd in den Vordergrund.
Mirabella
Gründungsjahr: 1979
Eigentümer: Familie Schiavi
Önologen/Kellermeister: Teresio Schiavi und Alessandro Schiavi
Jahresproduktion: ca. 450.000 Flaschen
Rebfläche: ca. 50 Hektar in naturnahem Anbau
Notabene: Die Tenuta Mirabella macht die Tore für interessierte Besucher weit auf und bietet standartmäßig drei verschiedene Führungen an, zu denen Degustationen im Preis mitbegriffen sind. Sie können aber auch eine ganz auf Ihre Interessen zugeschnittene private Führung anfordern. Das geht sowohl per eMail (s.o.) als auch über eine Buchungsseite.