Tua Rita
Tua Rita und ihre Garagenwein-Philosophie
Das zum Kultstatus gekommene Weingut Tua Rita liegt in dem kleinen Weiler Notri nur zwei Kilometer südlich von Suvereto und knapp 15 Kilometer von der Mittelmeerküste entfernt. Eingebettet in die herrliche Landschaft der Oberen Maremma, erstreckt es sich auf 50 Hektar Land oberhalb der Tyrrhenische Küste vor den Colline Metallifere, besser bekannt als Val di Cornia. Diese Region hat das Klima und die Bodenbeschaffenheit, um herausragende Weintrauben zu erzeugen. Das war dem Gründerehepaar Rita und Virgilio Tua sehr wohl bewusst, aber auch die Tatsache, dass ein Weingut einen guten Önologen und Kellermeister braucht. Von Anfang an (und jetzt wieder) war es der damalige Newcomer Luca D'Attoma, der jetzt zu den Top-Leuten seines Metiers zählt und unter anderem auch Le Macchiole und Duemani berät. Sein Markenzeichen ist die Experimentierfreudigkeit mit Barrique. Das passte gut zu den von Beginn an in der Tua Rita produzierten Weinen, die sich auf internationale Varietäten spezialisierten, und Merlot, Cabernet Sauvignon, Cabernet Franc, Sangiovese, Syrah und Petit-Verdot anbauten. Zu den weißen Sorten, die in kleineren Mengen kultivierte werden, gehören Chardonnay, Traminer, Vermentino, Trebbiano und Ansonica.
Die Qualität des Weins beginnt wie immer mit der Sorgfalt in den Weinbergen. Die Pflanzendichte liegt zwischen 5.000 und 9.000 Reben pro Hektar, die nach der Einzel- und Doppelkordonmethoden gezogen werden. Zu den Besonderheiten des Weinguts gehört einerseits der Verzicht auf die Beschneidung der Blätter, die so eine mächtige Photosynthesekraft entwickeln, und andererseits die Behandlung der Schösslinge, die nicht an der Wurzel abgeschnitten, sondern um den Drahtrahmen gewickelt werden. Das Weingut arbeitet zwar nicht dezidiert biologisch, aber man ist bemüht, naturnah zu sei, indem man beispielsweise auf Pestizide verzichtet. Ein anderes Geheimnis dieses für Weinherstellung noch kaum entdeckten Fleckchen Erde ist der besondere rote Boden, der hier als „roter Marmor“ oder „Rosso“ bezeichnet wird. Es ist der Schiefer, der den Boden rot färbt und ihm die mineralischen Noten gibt. Denn die nahen Colline Metallifere sind Eisenhügel, in denen ehemals das Erz abgebaut wurde. Die Reben wachsten auf einem leicht abfallenden Weinhügel, über 100 M.ü.d.M., dessen Bodenbeschaffenheit als mittelschwer eingestuft wird. Es besteht vor allem aus Lehm, Schlick, Sand und Ton auf steinig-felsigen Untergrund. Der Boden ist reich an Salzen und mineralischen Mikroelementen, woraus sich die charakteristischen Nuancen der Tua-Rita-Weine mit dem spezifischen Hauch von Eisen, Zink und Salz ergeben und den Weinen ihre Frische verleihen.
Auf die händische Weinlese folgt die sorgfältige Lese der Trauben von Hand im Weinkeller auf speziellen Sortiertischen. Der Most wird zur Gärung in Holzfässer umgefüllt bzw. erfolgt auf den leicht zerdrückten Trauben in Amphoren, wo die Mazeration zwischen 25 bis 30 Tage dauert und auf regelmäßige Gärungsvorgänge kontrolliert wird. Nach dem Abschluss der malolaktischen Gärung wird der Wein via eigene Schwerkraft in kleine Eichenfässer umgefüllt, wo er dann im Weinkeller noch mindestens achtzehn Monate reift.
Die Produktionsmengen sind bewusst klein gehalten und der Weincharakter der hier produzierten Merlot- und Cabernet-Weine kann als sehr konzentriert und ausdrucksstark beschrieben werden, was durch den Ausbau in Barrique unterstützt wird. Das ist typisch für die Philosophie der sogenannten Garagenweine, die auf internationale Varietäten setzen. Auch wenn Tua Rita die winzigen Mengen von 400 Weinkisten längst verlassen hat, so ist die Philosophie der auf vergleichsweise geringe Ertragsmengen ausgerichtet Erzeugung von dominanten, dennoch exzellent ausgewogenen Weinen, die jung trinkbar sind, geblieben.
Die Geschichte der Tua Rita
Angefangen hat es mit der Idee des Ehepaares Virgilio und Rita Tua, sich ein Alterssitz auf dem Land zu schaffen, wo sie die Natur genießen und ihrem Hobby, dem Weinmachen, nachgehen könnten. So kaufte das Paar 1984 ein Farmhaus mit 10 Hektar Land in der Nähe von Suvereto, das Virgilio nach seiner Frau in umgekehrter Namensreihenfolge benannte, und begann 1988 die ersten Reben – Merlot, Cabernet Sauvignon und Cabernet Franc – auf nur zwei Hektar großen Parzelle zu pflanzen. Sie waren durchaus Pioniere des Weins in dieser noch vollkommen für Weine unbekannten Gegend. Man orientierte sich dabei zunächst an der nahegelegenen erfolgreichen Appellation Bolgheri und an Bordeaux, das man zusammen mit dem Önologen der ersten Jahre bereiste. In dieser Zeit wohnten die Eheleute noch in Piombino und widmeten sich der Winzerei mehr oder minder an den Wochenenden. Den Wein, den sie kelterten, war für Familie und Freunde gedacht.
Erst 1992 wagten die Winzer den Schritt in die eigene Produktion, von der Herstellung über Abfüllung bis hin zur Vermarktung. Von Anfang an war der toskanische Önologe Luca D'Attoma mit von der Partie. Der Wein der ersten Stunde war der „Giusto di Notri“. Diese Kreation wurde bestens bewertet und führte dazu, dass die Tua Rita zu einer der best bekanntesten „vins de garage“, den sogenannten Garagenweinen wurde. Diese Weine zeichnen sich dadurch aus, dass sie von kleinsten Weingütern stammen, die nur eine sehr geringe Ertragsmenge liefern und gleichzeitig auf höchstem Niveau Top-Weine produzieren. Das sprach sich schnell herum, und die Rita-Tua-Kellerei stockte im Jahr 2000 ihre Weinberge auf 9 Hektar und 2015 schließlich auf die heutigen 30 Hektar Weinland auf. Die Gesamtgröße des Landguts beträgt seitdem 50 Hektar.
Die Jahre 2000 und 2002 standen unter großen Vorzeichen: Der Önologe D'Attoma schied aufgrund unterschiedlicher Ansichten aus dem Team aus und Stefano Chioccioli übernahm für 10 Jahre seine Position. Darüber hinaus wurde die Kellerei erweitert und noch einmal modernisiert. 2000 entstand dann auch der Wein, der Tua Rita zum Weltruhm verhalf: Kein geringer als Robert Parker bewertete bereits die sechste Ausgabe des „Redigaffi“, Jahrgang 2000, mit den begehrten 100-Punkten. Den Wein hat er selbst degustiert und ihn zum „stuff of dreams!“ und „a brilliant achievement!“ ausgerufen. Für ein so vielfältiges Weinland wie Italien war dies schier eine Sensation, denn ausgerechnet ein Merlot wurde zum ersten italienischen 100-Punkte-Wein. „Redigaffi“ – der Name leitet sich von dem kleinen Bach des Weinguts ab – erblickte das Licht der Weinwelt mehr oder weniger aus Zufall, als Luca d‘Attoma beschloss, ein paar Merlot-Fässer, die für die Herstellung des „Giusto di Notri“ bestimmt waren, beiseite zu stellen und daraus einen reinsortigen Merlotwein zu vinifizieren. Bereits der erste Jahrgang des „Redigaffi“ von 1994 hatte die Aufmerksamkeit der Fachwelt auf sich gelenkt als Robert Parker den famosen Kollegen Christian Moueix und Michel Rolland vorschlug, sich diesen Wein zuzuwenden.
Nach dem Tod von Virgilio Tua im Jahr 2010 nahmen Simena Tua – die Tochter des Winzerpaares – und ihr Ehemann Stefano Frascolla die Arbeit im Weinbetrieb ihrer Eltern bzw. Schwiegereltern verstärkt auf und übernahmen schließlich die Leitung des Weinguts, das mittlerweile zu den Top-Weinproduzenten des Landes gilt. Seit 2010 ist auch Luca D'Attoma zu Tua Rita zurückgekehrt, die er als die "Firma, die immer in seinem Herzen geblieben war" bezeichnet.
Das weltweit bekannte Portfolio der Tua Rita
Tua Rita produziert zu 92 % für den weltweiten Export – Japan, USA, Schweiz, Deutschland und Skandinavien. Das Portfolio des Weinhauses ist erwartungsgemäß nicht groß und beinhaltet neben zwei Weißwein-Cuvées – „Lodano“ und „Perlato del Bosco Bianco“ – sieben Rotweine. „Rosso dei Nostri“, eine Cuvée aus circa 50 % Sangiovese, Cabernet Sauvignon und kleineren Beigaben von Merlot und Syrah, gilt als der Einstiegswein der Weinkellerei Tua Rita. Ein weiterer Basiswein ist der „Palazzetto“, eine Cuvée aus den gleichen Traubensorten. Erwähnenswert ist der 100-prozentige Sangiovese, „Perlato del Bosco“. Dieser ist insofern hervorzuheben, als in der Appellation Suveretodie Sangiovese-Varietäten normalerweise schlecht gedeihen. Die Gegend ist für diese Rebsorte zu heiß. Dass es dennoch geht – mithilfe eines neuen Klons – beweist der „Perlato del Bosco“ auf eine überzeugende Art. Reinsortig ist auch der in winziger Auflage von nur 3.000 Flaschen erscheinende „Per Sempre“ aus 100 % Syrah, der in Amphoren ausgebaut wird. Rita Tua hält bis heute den „Giusto di Notri“ als den wichtigsten Wein und das Flaggschiff ihres Weinguts, gefolgt von dem Kultwein „Redigaffi“, von dem circa 10.000 Flaschen auf den Markt gebracht werden. Hier muss der Weinliebhaber schon die 100-Euro-Marke überschreiten.
Tua Rita
Gründungsjahr: 1984
Eigentümer: Rita Tua
Önologe: Luca d'Attoma (beratend)
Jahresproduktion: ca. 250.000 Flaschen
Rebfläche: 30 Hektar im konventionellen Anbau
Notabene: Sie können das Weingut mit einer Voranmeldung besuchen. Einer kleinen Wanderung durch die Weinberge schließt sich eine Besichtigung der Keller und eine Verkostung der aktuellen Weine (Führung auf Englisch und Italienisch). Tua Rita bietet seit 2017 die Möglichkeit, Ihre Redigaffi-Weinflaschezu authentifizieren. Das geschieht mithilfe des sogenannten BubbleTag™, der rückwertig auf der Flasche angebrachten Codes in Form von Blasen. Dieses Siegel beinhaltet viele Informationen, die Ihre spezielle Flasche Redigaffi-Wein betreffen. Sie können den Code scannen oder online die Codenummer eingeben.