La Scolca
Während die anderen piemontesischen Winzer noch Masse produzierten, hat La Scolca sehr früh auf hochqualitative Bewirtschaftung ihrer Weinberge in Rovereto und Gavi gesetzt. In den 1950er und 1960er Jahren entstanden dann die Gavi-Weine der La Scolca, die schon bald in den besten Restaurants von Mailand oder Rom ausgeschenkt wurden. Stilgebend ist bis heute der La Scocla "Gavi dei Gavi". Die Tenuta La Scola ist fast seit ihrer Entstehung mit dem Familiennamen Soldati verbunden. Nomen est omen, denn die "Soldaten" der Cortese-Trauben bauen ihre Hausphilosophie auf der einen, wiewohl der wichtigsten Säule aufgebaut: "Ein großer Wein wird im Weinberg geboren", denn nur perfekte Trauben führen zu perfekten Weinen, so die Winzerfamilie, die seit der Gründung des Weinguts nach der gleichen Erfolgsstrategie verfährt und exzellente Weißweine, sowohl stille als auch Schaumweine, im hochmodernen Weinkeller keltert. Der Name des Weinguts ist gut gewählt und spiegelt wider die visionäre Herangehensweise des Gründers als auch seiner passionierten Nachkommen, denn La Scolca leitet sich ab von dem alten Bauernhaus "Sfurca", das der Tenuta voranging. "Sfurca" bedeutet soviel wie "Schau in die Ferne" oder "weiter Ausblick" und diesen, das Land und die Weinberge überblickenden Standort, überträgt die Winzerfamilie auf ihre in die Zukunft weisenden Weinprodukte mit Bravour!
La Scolca: eine Tenuta mit Blick in die Zukunft
Die Tenuta La Scolca und die dazugehörigen Weinberge liegen in der Gemeinde Gavi bzw. Rovereto, die sich an der Grenze zwischen Piemont und Ligurien in der Provinz Alessandria befinden. Dass die Region 1974 als geschütztes Anbaugebiet DOC und seit 1998 als DOCG, Denominazione di Origine Controllata e Garantita, zertifiziert wurde, ist nicht zuletzt der Familie Soldati und ihren herausragenden Weinen aus den Cortese-Trauben zu verdanken.
Die circa 50 Hektar großen Weinberge der Tenuta La Scolca liegen auf 300 bis 350 m. ü. M. und haben durch die Nähe zum randnahen Baumbestand eine geschützte mikroklimatische Lage. Übrigens, am Anfang des 20. Jahrhunderts waren hier noch ausgedehnte Wälder, die zunächst für Weizenfelder und später für die Reben gerodert wurden. In den Sommermonaten profitieren die Weinberge von der relativen Nähe – nur 50 Kilometer sind es – zur Genueser Bucht und den salzigen Brisen, die das Hinterland von dort aus erreichen. Bestockt ist das Land, dessen Boden eine gute lehmbasierte, mineralische Mischung darstellt, mehrheitlich mit der weißen Cortese-Rebsorte, die zum Hauptwein der Tenuta, dem "Gavi", vinifiziert wird. Seit neustem werden auch rote Pinot-Nero-Trauben kultiviert. Verarbeitet werden nur die allerbesten Trauben, um die sich ein gut eingespieltes Team von Weinbergarbeitern kümmert. Geerntet wird zumeist händisch und stark selektiv. Um den Ertrag bereits im Vorfeld zu reduzieren und die Qualität der einzelnen Trauben zu steigern wird die Grünlese ("grüne Lese") angewendet, die den am Stock verbleibenden Trauben zu einer besseren Reife und deutlicher Geschmackssteigerung verhilft. La Scolca setzt ausschließlich auf charakterstarke, terroirklare stille wie prickelnde (mehrheitlich) Weißweine, die im hypermodernen Weinkeller erzeugt werden.
Die Cortese-Traubensorte ist namentlich nicht vielen Konsumenten bekannt, dabei handelt es sich um eine alte und interessante autochthone Rebe, die in der gesamten Region Piemont, partiell auch in Venetien und in der Lombardei angebaut und zu hervorragenden Weißweinen verarbeitet werden kann. Sie ist ideal für den Anbau in nördlichen Gegenden, das sie spät austreibt und früh reif wird. Das bewahrt sie vor möglichen Frostschäden einerseits und sorgt für gute Säureanteile andererseits. Spätestens seit dem 17. Jahrhundert, sehr wahrscheinlich aber schon wesentlich früher, war die Cortese eine beliebte Sorte, die aus gesunden, widerstandsfähigen und ertragsreichen Reben sehr gute Traubenqualität ergab. Lässt man sie jedoch zu ungebremst wachsen, sprießen die Trauben geradezu ins Bodenlose, was zu verwässerten Weinen führt. Die Winzer der La Scolca haben dieses Problem schnell erkannt und sich von Anbeginn an gegen die Ertragsmenge und zu Gunsten der Qualität der Trauben entschieden.
Kennzeichnend für den Stil von La Scolca ist die lange Maischestandzeit der Weine. Im top-modernen Weinkeller der La Scolca dreht sich seit über 100 Jahren alles um die maximale Veredelung der Cortese-Trauben. Dazu gehören einige innovative Verarbeitungsmethoden wie die Technik der Kaltweinbereitung, die dafür sorgen soll, dass kein bisschen von den Beerenaromen verlorengehen. Eine weitere wichtige Technologie ermöglicht die genaue Zuordnung der Trauben. Sie werden nach ihrem Rebalter getrennt verarbeitet, darüber hinaus kontrolliert ein Softwareprogramm und der der Produktion zwischengeschalteter Computer den Most, so dass die Herkunft der Trauben zwischen den 5- bis 60-jährigen Reben gewahrt wird. Temperaturkontrollierte Stahltanks gehören zur Standardausrüstung des Weinkellers dazu. Was weniger selbstverständlich, aber typisch für die perfektionistische Qualitätsphilosophie der Tenuta ist, ist das eigene Analyselabor, in dem nicht nur die Trauben aus den Weinbergen begutachtet, sondern auch die Weinbereitung laufend kontrolliert wird.
Die Winzerfamilie Soldati setzt bei der Vinifizierung ihrer Weine konsequent auf die sur-lie-Weinverarbeitung. Dabei verbleiben die Weißweine bis zu ihrer Flaschenabfüllung auf den Hefesedimenten, wie die Weinmacher betonen "sogar bis zu zehn Jahre lang", was allerdings bisher nur bei der Kollektion "La Scolca D'Antan" Anwendung findet. Das bedeutet, dass diese Weine weniger geschwefelt sind und im Endergebnis feiner, intensiver und auch trinkbarer daherkommen. Ein natürliches Dekantieren klart die Weine vor der Flaschenabfüllung.
Von Sfurca zu La Scolca und der Mailänder Scala
Eine junge vom Wein passionierte Generation führt heutzutage die Geschicke der Tenuta La Scolca, verkörpert durch Chiara Soldati, die Ururenkelin des Gründers, und ihren Sohn. Dabei hat die Geschichte des Weinguts nicht mit Trauben, sondern mit Getreide begonnen. Es war Giambattista Parodi, ein Importeur und Händler von Spielzeugen, der die Tenuta 1919 aufkaufte und die dazugehörigen Ländereien zum Weizenanbau nutzte. Die Weintraubenproduktion kam erst mit der Übernahme des Hofes durch seinen Sohn Alfredo Parodi, der begann, Wein zur Deckung des privaten Bedarfs zu produzierte. Alfredo ist es zu verdanken, dass der Hof seinen heutig so markanten Turm und einen bereits für damalige Verhältnisse modernen Weinkeller bekam. Der Turm, der den alten Namen des im Mittelalter militärisch genutzten Bauernhofes "Sfurca" zum Ausdruck bringt, ist heute das architektonisch-visuelle Wahrzeichen der Tenuta.
Der Wendepunkt für La Scolca kam erst mit der Heirat von Alfredos Tochter mit dem im Weinbau engagierten Vittorio Soldati, dem Großvater der heutigen Winzerin Chiara Soldati. Vittorio entpuppte sich als ein Visionär in Sachen Weinanbau und Weinbereitung. Er schwamm nicht nur gegen den Strom der Massenproduktion, die für Italien bis in die 1980er Jahre so typisch war, sondern schuf bereits Weine, die den üblichen Standard brachen. Während die Weinbauern Massenware an italienische Megaweinfirmen ablieferten und sich damit ein gutes und schnell gemachtes Einkommen sicherten (solange die Massenweine Abnehmer fanden), war Vittorio Soldati bereits ein Winzer, der ausschließlich auf Qualität der Trauben setzte, was er durch stark beschnittene Rebstöcke und niedrige Stockdichte erreichte. Seine Erträge beliefen sich auf circa 35 Hektoliter pro Hektar während seine Nachbarn bis zu 70 Hektoliter pro Hektar erbrachten. Mutig setzte Vittorio auf die weiße Cortese-Sorte, auch dann als die Schaumweinproduktion in den 1960er Jahren einbrach und alle Winzer der Region auf Rotweinrebsorten umschwenkten. Vittorio verarbeitete seine Trauben von Anfang an für die eigene Weinproduktion in einem bestens ausgetüftelten Weinkeller, in dem mit vorsichtigen Vinifizierungsmethoden und der Schwerkraft anstelle von Umpumpen gearbeitet wurde.
Vittorio Soldati zeigte sich darüber hinaus äußerst gewieft in der Promotion seiner Weine, indem er die bekanntesten Restaurants von Turin, Mailand und Rom persönlich bereiste und eine Auswahl seiner Weinflaschen vorstellte. Schnell konnte er die Chefs von seinen Qualitätsprodukten überzeugen. Und dann war es soweit: Soldatis Gravi-Weine wurden Kult und stilbildend für alles, was in Piemont aus den Cortese-Trauben gemacht wurde! Auch die DOC- und die DOCG-Zertifizierung der Gavi-Region, die 1974 und 1998 folgte, ist maßgeblich der Qualität der Weine aus dem Hause La Scolca zu verdanken. Kein Wunder, dass auch die Mailänder Scala auf das Sortiment aus dem Hause La Scolca zurückgriff!
Trotz aller Erfolge und echter Pionierarbeit, die Vittorio Soldati leistete, waren seine Weine so etwas wie Garagenweine mit Auflagen von circa 40.000 Flaschen, die an besondere Abnehmer gingen. Den Ausbau der Produktion und die nächste Qualitätsstufe für die La Scolca erreichte Vittorios Sohn, Giorgio Soldati. Noch bevor er sein Weinbaustudium beendete, kreierte er 1969 den ersten und schon bald berühmten "Gavi dei Gavi" Wein. Von den Gavi-Weinen spricht der Weinmacher und Hausherr der La Scola als von seinen Grand Crus, die sie zweifelsohne wären, befände sich die Anbaulage Rovereto in Frankreich! Ein weiterer Meilenstein der Scolca-Weine war der 1983 das Licht der Welt erblickte Schaumwein "Gavi d'Antan", der 10 Jahre auf Hefe im Stahltank altert und anschließend nach der Méthode Champenoise (Metodo Classico) veredelt wird.
1970 übernahm Giorgio Soldati offiziell das väterliche Weingut, dem er sehr bald seinen eigenen Stil prägte, ohne dabei die gesetzten hohen Maßstäbe seines Vaters zu verraten. Wie sehr ihm die Gavi-Weine und die Kultur der Region am Herzen liegen, bewies er schließlich 1993 als auf seine Initiative hin die Tutela del Gavi gegründet wurde, ein Konsortium, das sich dem Schutz der DOCG-Gavi und der Vermarktung der Weine verschrieb. Über 180 Weingüter schlossen sich ihm an.
La Scolca ist ein traditionsreiches Weinunternehmen, das schon immer einen Blick in die Zukunft warf. Heute tut dies die vierte und fünfte Generation: Chiara Soldati, Tochter der Eheleute Giorgio und Luisa, die zunächst Jura und Wirtschaftswissenschaften studierte, hat das Weingut übernommen. Ihr Vater steht ihr im Weinkeller zur Seite. Chiara Soldati wurde als CEO von La Scolca nicht nur mit zahlreichen Preise ausgezeichnet, sondern gehört zu jenen wenigen Frauen, die mit der prestigeträchtigen italienischen Auszeichnung "Cavalieri del Lavoro" geehrt wurde. Mittlerweile ist ihr Sohn Ferdinando neben ihr als fünfte Generation im Unternehmen tätig. Damit ist La Scolca das älteste Weingut, das ununterbrochen aus einer Familienhand geführt wird, und das zweitälteste der Region überhaupt. Stolz ist die Familie auch darauf, dass La Scola von Anfang an das modernste Weingut war und ist, ohne das es ihrer traditionsbewussten Haltung zuwiderläuft.
Die Kultweine der La Scolca und die "Grand Cru de Cortese"
Fünf Weißweine, ein Rosé, ein Rotwein und fünf Schaumweine – das ist das klassische Portfolio der La Scolca, das informell auch als "weiße Etiketten" bezeichnet wird. Daraus stechen zwei Spezialkollektionen heraus, die "La Scolca d'Antan" mit ihren drei herausragenden Spumanti für besondere Anlässe und die Weine "Gavi dei Gavi", besser bekannt als die Kollektion "Gavi Etichetta Nera" oder das "Black Label". Hier finden Sie mitunter die Flaggschiffe der Tenuta.
Unter den "weißen Etiketten" des Weinguts ist der La Scolca "Valentino" Weißwein, ein reiner Cortese-Wein von jungen Rebstöcken, zu erwähnen, der säurebetont daherkommt. Vollmundig und smooth ist hingegen der Klassiker La Scolca "Villa Scolca" aus Trauben von circa 20-jährigen Reben. Er ist die älteste Weinsorte des Weinguts und wurde in den 1950ern zum ersten Mal produziert. Dagegen wurde der erste Gavi-dei-Gavi-Wein 1966 gekeltert und erreichte einen bis heute nicht übertroffenen Vorbildcharakter. Er gehört zu den seltenen Gavi-Weinen, die ein Alterungspotential haben. Schließlich kam die Region zu ihrer DOC-Zertifizierung durch ihn!
Die Schaumweine der Kollektion "La Scolca d'Antan", ob in der Spumante La Scolca Jungversion oder als "Millesimato d’Antan" Spumante Brut Riserva d'Antan, sind Ausdruck der besten Weinjahrgänge, die mindestens 10 Jahre Reifezeit absolvieren müssen, um anschließend in der Flasche mit der Champagnermethode veredelt zu werden. Das sind Schaumweine voller olfaktorischer Nuancen, einer gemilderten Säure, weichem Gaumen und überaus feiner Perlage. Hier trinken Sie feinste Spumanti, die an die Gavi-dei-Gavi-Kultweine anschließen.
Die Gavi-dei-Gavi-Weine, die in den Kollektionen "Etichetta Nera" (seit 1969 als Black-Label-Marke geschützt) und der "Etichetta d'Oro" (Goldetikett) daherkommen, sind das, was die Winzerfamilie als den "höchsten Ausdruck der Philosophie von La Scolca" und als "das symbolträchtigste Beispiel für ästhetische Reinheit, formale Perfektion und Liebe zum Detail" bezeichnet. Hier kommen ausschließlich Trauben der über 60-jährigen Gewächse zum Einsatz.
La Scolca
Gründungsjahr: 1919
Eigentümer: Chiara Soldati
Önologe: Giorgio Soldati
Jahresproduktion: 600.000 Flaschen
Rebfläche: ca. 50 Hektar in konventionellem Anbau
Notabene: Die Tenuta La Scolca steht für Besucher offen und bietet sowohl Degustationen als auch informative Führungen (mit Voranmeldung) an. Cineasten unter den Weintrinkern werden sich gleich doppelt freuen: Die besten Weine der Scolca spielen schöne Nebenrollen auf großer Leinwand in dem italienischen Film "Dove non ho mai abitato" von Paolo Franchi (I 2017). Achten sie auf die Etiketten zu Beginn des Films! Mit der Filmbranche sind die Winzer quasi blutsverbandelt, denn der berühmte Mario Soldati (verst. 1999), italienischer Regisseur und Schriftsteller, war der Cousin von Chiara Soldati. Den Soldatis liegt der Wein offenbar im Blut, denn Mario Soldati besuchte nicht nur die Tenuta La Scolca, sondern schrieb auch ein wunderbares Buch über seine drei Italienreisen und die Suche nach den "echten" italienischen Weinen, die zum festen Bestandteil italienischer Kultur zählen. Das Buch wurde 2006 unter dem Titel "Vino al Vino" neu aufgelegt.