Gianfranco Fino
Wie überall in der Welt verschwindet die altgewachsene Natur durch kurzsichtige Rodungen, so ist es besonders erfreulich, dass hier passionierte Winzer Altes retten und darüber hinaus beweisen, welche hervorragende Potenzial für entsprechend hochdotierte Weine in den alten Reben steckt. 12 kleine Weinberge hat das Winzerpaar aufgekauft und ist jetzt im Besitz von Reben zwischen 60 und 90 Jahren, die zudem in naturnaher Bewirtschaftung gepflegt werden. Die Winzer sind nicht an Quantität der Erträge interessiert, das passt dann, denn alte Rebstöcke haben per se eine natürliche Qualitätslese von wenigen Trauben pro Stock. Zum Weingut Gianfranco Fino gehören noch weitere Weinparzellen, die jung bestockt sind, doch auch hier wird auf strenge Ertragsreduzierung zugunsten der Qualität geachtet. Weinführer und Fachmagazine sind sich darüber einig, dass das Label „Gianfranco Fino“ mitunter die besten und interessantesten Weine aus Apulien liefert.
Schon bald nach der ersten Weinproduktion von 2004 fanden die Gianfranco Finos Weine erste und sogleich weitgehende Resonanz bei nationalem und internationalem Weinpublikum. Es dauerte nicht lange und es regnete geradezu von Auszeichnungen. Neben den üblichen Verdächtigen wie Gambero Rosso, Bibenda, Robert Parker oder James Suckling, die den Weinen regelmäßig zwischen 91 und 97 Punkte vergeben, interessiert sich die berühmte Vereinigung des „Slow Food“ für die Produktionspalette des apulischen Weinguts und zeichnet die Weine als „Grande Vino“ aus.
Uralte Parzellen und Pferdegespänne auf den Weinbergen des Gianfranco
Den Anfang machte ein nur 1,3 Hektar kleiner Weinberg, das in der unmittelbaren Umgebung von Manduria, einem Städtchen in der Nähe des Ionischen Meeres auf der Halbinsel Salento, liegt. Gianfranco Fino besitzt heute insgesamt 14,5 Hektar Rebflächen mit Reben im Alter zwischen 50 und 90 Jahren, einige wenige Parzellen sind jung bestockt und haben circa 10 bis 20 Jahre alte Reben. Auf Finos Weinbergen wachsen ausschließlich Primitivio-, Negroamaro-Reben und einige seltenere autochthone Sorten. Gianfranco achtete von Anbeginn an darauf, dass die verwendeten Klone – das gilt vor allem für die neueren Schösslinge – einen alten und terroirtypischen Ursprung haben. Alle Weinparzellen des Weinguts sind naturnah, beziehungsweise nach ökologischen Maßstäben bewirtschaftet, was der grundsätzlichen Tendenz in der italienischen Weinlandschaft entspricht. Gianfranco Fino geht aber noch etwas weiter und bearbeitet seine ältesten Weinberge mit Bruno, einem Pferd, das die Scholle mit traditionellem Pflug aufbereitet. Dazu kommt das uralte Alberello-Erziehungssystem, das für heiße Gegenden schattenspendend und somit ideal ist.
Im Weinkeller herrscht neues Know-how, das auf der apulischen Weintradition fußt. Nach einer nochmaligen Sortierung des Leseguts werden die Trauben entrappt und sanft ausgepresst. Die Mazeration erfolgt in 70 Hektoliter großen Edelstahltanks bei ständiger Temperaturkontrolle sowie einer vorsichtigen Umpumpung. Damit wird sowohl ein optimierter Kontakt des Mosts mit der Beerenhaut garantiert, als auch der Erhalt der Säure erreicht. Die Weine vinifizieren auf wilden Hefen, die mit dem hohen Alkoholgehalt der Trauben gut zurechtkommen. Nach einer leichten Filtration werden sie drei bis vier Wochen später in französische Eichenfässer, und zwar 50 % in neue und 50 % in gebrauchte französische Eichenfässer abgefüllt. Dort altern die Weine circa neun bis zwölf Monate lang bis sie dann ohne weitere Filtration in Flaschen abgefüllt werden, wo sie durchschnittlich sechs bis neun Monate verbleiben bis sie in den Verkauf kommen.
Entdeckung der alten Weinberge
Angefangen hat der Winzer und Önologe Gianfranco Fino mit einer Entdeckung in Apulien, als er die Gegend in den ersten Jahren des 21. Jahrhunderts bereiste. In Manduria sah er einen alten Weinberg mit damals bereits über 50-jährigen Primitivo-Reben in der allerbesten Lage. Nur 1,2 Hektar waren es, die Gianfranco schließlich 2004 kaufen und alsbald seine erste Ernte einfahren konnte. Sie ergab zunächst kaum mehr als 2.600 Flaschen. Ab da machte er sich zusammen mit seiner Ehefrau Simona Natale auf die Suche nach weiteren alten Weinbergen, die zumeist ein kümmerliches Dasein fristeten und geordert werden sollten. Nach und nach entdeckte er immer mehr dieser besonderen, wenn auch sehr kleinen Parzellen, die er mit Beharrlichkeit renovierte. Einige andere zugekaufte Lagen wurden neu bestockt. Wurde Gianfranco Fino anfänglich belächelt, so geben ihm bald nationale und internationale Fachwelt Recht. So wurde er 2010 zum „Winzer des Jahres“ von Gambero Rosso ernannt. Damit ist er der erste süditalienische Winzer, der mit der Auszeichnung bedacht wurden. Eine andere Art der Auszeichnung ist die Belieferung der G8-Versammlung in L’Aquila mit Wein im Jahr 2008 gewesen. Als Gründungsmitglied der „Accademia dell‘Alberello“ engagierte sich Gianfranco schon früh auch jenseits seiner eigenen Weinparzellen für den Einsatz und Erhalt des uralten Erziehungssystems und der alten Trockenkulturtechniken. Die Weinberge und die Art, wie Gianfranco Fino sie bearbeitet, fanden gleicherweise Interesse von Agrar- und Weinwissenschaftlern aus Australien, die die Technik der Trockenbewirtschaftung vor Ort studierten.
Knappes aber überraschendes Portfolio von Gianfranco Fino
Das kleine Portfolio von Gianfranco und Simona Fino besteht aus zwei Weinsorten, dem „Es“ Primitivo Salento IGT und dem „Jo“ Negroamaro Salento IGT. Dieses Duo wird durch den Spumante „Simona Natale“ und den natur-süßen Dessertwein „Es Più Sole“, einen Primitivo di Manduria Dolce Naturale ergänzt. Seine Besonderheit liegt darin, dass die verwendeten Trauben am Stock antrocknen. „Es“ trägt seinen kurzen Namen in Erinnerung an Sigmund Freud, dem österreichischen Psychoanalytiker, der als erster das menschliche Bewusstsein wissenschaftlich zu untersuchen suchte und das Unbewusste, dort wo ungesteuerte Leidenschaften und Instinkte gewisser Weise unterdrückt werden und uns gleichwohl steuern, als das „Es“ bezeichnete. So sieht Gianfranco auch seinen Wein, der unergründlich und leidenschaftlich daher kommt. Der Negroamaro „Jo“ hingegen ist nach dem Ionischen Meer, dem Mare Jonico, benannt, in dessen unmittelbarer Nähe die Reben wachsen. Im Jahr 2013 vinifizierte Gianfranco noch einen zusätzlichen Wein aus ausschließlich jungen Weinreben, den reinsortigen Primitivo „Se“, der mit dem Flaggschiff „Es“ durchaus mithalten konnte.
Die Weine Gianfrancos Finos sind vollmundige, saftige und körperbetonte Weine, die nach reifen Kirschen, milder Schokolade, etwas Pflaumenlikör und zimtiger Süsse („Jo“) durften, oder, wie beim „Es“, betonen stärker die würzigen Noten und den Geschmack von schwarzen Beeren. Die Gaumenentfaltung ist hervorragend ausbalanciert, samtig und mit schön eingebundenen Tanninen und deutlicher Säure. Große Auszeichnung gebührt der fruchtigen Frische der sonst so gehaltvollen Roten. Eine schöne Überraschung ist der Spumante „Simona Natale“ Rosé, ein Schaumwein, der nach der Metodo Classico (Champagner-Methode) gemacht ist und interessante Nuancen nach Jod, Salz, Mandel entwickelt. Am Gaumen eröffnen sich gleichzeitig blumige aber auch holzig-lakritzartige Spuren mit sehr feiner, langanhaltender Perlage. In der Nase ist dieser Spumante unverkennbar ein ‚Wein‘ von würzigen Noten und Blumen.
Wer einen der Weine aus dem Hause Gianfranco Fino probiert hat, wird unmittelbar begreifen, warum er bei königlichen Geburtstagen als auch in acht der Michelin-3-Sterne-Restaurants angeboten wird.
Gianfranco Fino
Gründungsjahr: 2004
Eigentümer: Gianfranco Fino und Simona Natale
Önologe: Gianfranco Fino
Jahresproduktion: ca. 23.000 Flaschen
Rebfläche: ca. 21 Hektar im naturnahen Ausbau
Notabene: Wussten Sie, dass Gianfranco Fino für eine kurze Zeit „Hoflieferant“ war? Dann nämlich als seine Weine dazu auserkoren wurden, auf dem privaten Bankett zum 70. Geburtstag der Königin Margaret II. von Dänemark gereicht zu werden. Die Weinkellerei Gianfranco Fino Viticoltore ist mit Voranmeldung zu besichtigen – Degustation inbegriffen.