Podere Orma Tenuta Sette Ponti
Auf Deutsch bedeutet „Orma“ so viel wie „Fährte“ und „(Fuß-) Abdruck“ – und einen solchen hinterlässt Podere Orma in der Weinlandschaft, nicht nur der toskanischen, sehr nachdrücklich. James Suckling äußert sich zu den Weinen der Poderer Orma zurecht überschwänglich und meint: „This Bordeaux blend from Bolgheri is a challenger to Sassicaia and Ornellaia“. Da bleibt nur eines zu tun: probieren!
Erfolgreich auf einer kleinen Scholle
Podere Orma gehört zu jenen Winzlingen, die im Herzen ganz groß sind. Auf nur 5,5 Hektar Weinland (von insgesamt 7,5 Hektar Land) produziert keiner, der eine Vision von zahlreichen Weinsorten hat, sondern jemand, dem etwas ganz besonderes vorschwebt. Tatsächlich konzentriert sich der Besitzer der Tenuta, Antonio Moretti Cuseri, ausschließlich auf zwei Weine, die er auf die höchste Stufe der Who-Is-Who unter den toskanischen Weinen bringen will.
Die kleine Podere Orma – podere heißt „Weingut“ und orma „(Fuß-) Abdruck“ – liegt in der Gemeinde Castagneto Carducci südlich von Bolgheri, einem kleinen mittelalterlichen Weiler, in einer der wichtigsten toskanischen Appellationen gleichen Namens. Morettis Weinareale liegen strategisch hervorragend nur einen Steinwurf von zwei weltberühmten Tenute entfernt, womit sie über die gleichen geologischen und subklimatischen Bedingungen verfügen wie die sagenumwobenen Kultweine der Produzenten der Tenuta dell‘Ornellaia und der circa drei Kilometer entfernten Tenuta Sassicaia.
Zu den hiesigen Böden gehört die sogenannte Galestro-Erde. Es sind grobe kies-, lehm- und sandhaltige Böden, die reich an Mineralien und Eisen sind. Optimal ist hier die Südwest-Ausrichtung der Weinberge und die Nähe zum Tyrrhenischen Meer, das für die richtige Abkühlung während des heißen Sommers sorgt. Angebaut werden auf der Podere Orma bisher ausschließlich internationale Varietäten wie Cabernet Franc, Cabernet Sauvignon und Merlot. Da die Tenuta erst 2005 aufgebaut wurde, sind die Reben noch recht jung, gerade mal knappe 15 Jahre alt.
Wie nicht anders von dem weinverliebten Besitzer Antonio Moretti zu erwarten, ist das Podere Orma technisch bestens ausgestattet. Die Lese erfolgt – auch das versteht sich von selbst – händisch und unterliegt strengen Kontrollen, die sich im Weinkeller fortsetzen. Die kleine Weinpalette von nur zwei Weinen zielt unverkennbar darauf ab, den Nachbarn Sassicaia und Ornellaia gewissermaßen ‚kondensierte‘ Konkurrenz zu machen. Dafür sorgt ein handverlesenes Team um den toskanischen Önologen Carlo Ferrini, der eine Berühmtheit unter den Weinmachern ist. Im Weinkeller kommen Barriques zum Einsatz, in denen die Orma-Weine 14 Monate lang altern und nach der Abfüllung ein weiteres Jahr in der Flasche verbleiben.
Das andere Projekt der Morettis
Der Name des Gründers der Tenuta Podere Orma ist vielen Italienern in erster Linie aus einem ganz anderen Kontext bekannt. „Dottore“ Antonio Moretti ist jene Person, die hinter einer bekannten Kaufhauskette und diversen Modeunternehmen steht. Zu den wichtigsten von Antonio Moretti geführten Unternehmen zählen die hochpreisigen Modeschuhfirmen Bonora und Carshoe, sowie seine Teilhabe an der Firma Prada. Insgesamt sollen der Familie Moretti an die 14 verschiedene Unternehmen in Italien gehören, die auf circa 28,9 Millionen US-Dollars geschätzt werden.
Zu Weingütern ist Antonio Meretti recht spät gekommen, 1996 nämlich als er die über 300 Hektar starke Tenuta Sette Ponti, die zwischen Arezzo und Florenz inmitten des Chianti-Gebiets liegt, von seinem Vater übernahm. Die Tenuta wurde bereits 1950 von der Familie Moretti Cuseri erworben. In den 1960ern begann man mit der Renovierungsarbeiten und Neuanpflanzung der Reben. Doch erst mit der Übernahme der Leitung durch Antonio Moretti erreichte die Tenuta Sette Ponti eine weltweite Beachtung. Dazu hat nicht zuletzt der Kultwein „Oreno“ beigetragen, eine Cuvée aus Merlot, Cabernet Sauvignon und Petit Verdot, die von Fachleuten als ein Super Tuscan bezeichnet wird. Das hat den rastlosen Moretti ganz offenbar auf den Geschmack gebracht, denn schon 2005 folgte der Kauf der Podere Orma. Das kleine Weingut erwarb er von Delia Viader, der Gründerin des gleichnamigen Weinimperiums und selbsternannte „Weinmutter“ aus dem Napa Valley, und der piemontesischen Winzerfamilie Gagliardo. Es ist nicht ausgeschlossen, dass seine unmittelbaren Nachbarn, die Ornellaia und Sassicaia, Antonio Moretti zu Höchstleistungen auf seinem kleinen Weingut beflügelten, denn auch die Podere Orma begann schon früh an ihrem Super Tuscan zu arbeiten. Bereits wenige Jahre später gehörte Moretti mit seiner Podere Orma zu den 50 erfolgreichsten Winzern in der Appellation.
Weitere Weinunternehmen folgten Schlag auf Schlag. In der Toskana, genauer: in der Subregion Maremma, hat Moretti seine dritte Dependance aufgemacht, die Poggio al Lupo. Das vierte Standbein ist die Feudo Maccari auf Sizilien, die sich auf den weißen Grillo-Wein spezialisiert hat, und schon so einige renommierte Preise damit gewonnen. Neuste Errungenschaft liegt in der Ätna-Region und heißt Contrada Santo Spirito di Passo Pisciaro.
Die konzentrierte Produktion
„Orma“ Toscana Rosso IGT und „Passi di Orma“ Toscana Rosso IGT – und sonst nichts. Das ist eines der kleinsten Portfolios, die man bei italienischen Winzern vorfinden kann. Eigentlich können wir hierbei von nur einer Weinsorte sprechen, denn der „Passi di Orma“ ist nichts anderes als der kleine Bruder des Flaggschiffs „Orma“. Beide sind Cuvées aus mehrheitlich Merlot (ca. 40 bis 50%) und Cabernet Sauvignon (ca. 30 bis 35%), mit kleinerer Beigabe von Cabernet Franc (20 bis 25%). Während „Orma“ mehr Merlot beinhaltet und 14 Monate im Barrique altert, ist „Passi di Orma“ eine leichtere Variante mit geringerem Merlot-Anteil, die 6 Monate im Barrique reift. Beide gehören zu jenen toskanischen Weinen, die Weinkenner bereits als „modern classic“ bezeichnen. Kraftvoll, aromastark, vom komplexen Körper, bestens eingebundener Tannine und ausgewogener Säure. Gleichzeitig sind die Weine der Podere Orma elegant und voller harmonischer Kraft.
Der Orma-Wein von 2015 ist mit seinen 98 Punkten laut James Suckling ein Super Tuscan, der nur sehr knapp unter den Besten der Besten liegt. Dass dieser Wein äußerst rar ist, verwundert nun nicht wirklich. Was aber dann doch staunen macht, ist sein Preis. Wer zu den Super Tuscans der Podere Orma greift, der hat hochrangige Ausnahmeweine im Glas, für die er aber weniger als die Hälfte des üblichen Preises jener Spitzenweine von Sassicaia und Ornellaia zahlt. Der „Orma“ Toscana Rosso ist ein ganz großer Wein, dicht, tief, komplex, fruchtig, würzig, seidig, langanhaltend – überraschend und perfekt.
Podere Orma
Gründungsjahr: 2005
Eigentümer: Antonio Moretti
Önologe: Carlo Ferrini
Jahresproduktion: ca. 30.000 Flaschen
Rebfläche: ca. 5,5 Hektar im konventionellen Anbau
Notabene: Besichtigung der Podere Orma zusammen mit den anderen Gütern der Morettis ist schriftlich oder mündlich zu erfragen/reservieren unter der oben angegebenen Kontaktdaten. Eine Führung ist (eng., it.) dabei obligatorisch und beinhaltet sowohl die historischen Keller als auch abschließende Degustation (Dauer insg. ca. 1,5 h).
Antonio Moretti ist Dezember des Jahres 2018 unter Hausarrest in seiner Villa bei Arezzo gestellt worden. Das bestätigte die italienischen Nachrichtenagentur ANSA. Ihm wird zusammen mit weiteren Personen, darunter Marcello Innocenti (Berater der Unternehmensgruppe) und Paolo Farsetti (Textilbereichsmanager der Gruppe), Geldwäsche, Bank- und Konkursbetrug sowie Steuerhinterziehung vorgeworfen. Auch sein Sohn Andrea Moretti steht unter Anklage und Hausarrest. Insgesamt wird gegen 16 Personen ermittelt. Die Guardia di Finanza, die italienische investigative Finanzpolizei, wies darauf hin, dass bisher ausschließlich Morettis Modefirmen und nicht seine Weingüter betroffen sind. Stefano Maggi, der Exportmanager der Weingüter, hat gegenüber „Wine Spectator“ verlauten lassen: „Der Betrieb der [Wein-] Unternehmen wird nicht beeinträchtigt. Die Qualität der Weine ist zu 100 Prozent garantiert […]“. Gleichwohl hat die Staatsanwaltschaft von Arezzo die Beschlagnahme bzw. die Einfrierung der Vermögenswerte von insgesamt 179 Immobilien, 500 Hektar Land, wozu auch Weingüter in der Toskana, der Emilia-Romagna und auf Sizilien gehören, sowie 14 Gesellschaften bzw. Marken im Wert von 25,5 Millionen Euro angeordnet. Beschlagnahmt wurde im Zuge der Untersuchung auch die Weinkellerei Sette Ponti. Bis Ende Dezember 2019 war die offizielle Webseite der Moretti-Weingüter vom Netz genommen worden, seitdem ist sie wieder ohne sichtbare Veränderung in den Besitzverhältnissen in Betrieb. (Stand Dez. 2019).