Le Ragnaie
Sein Trumpf sind die kühlen, und das heißt hohen Weinlagen, deren Trauben knackiger, frischer und vornehmer sind, als jene, die weiter unten reifen. Die Zentral der Azienda Agricola Le Ragnaie liegt circa zwei Kilometer von Montalcino entfernt auf gut 600 m. ü. M. Die Weinareale sind von Wäldern und Olivenhainen umgeben und in den eigenen Weinbergen wird streng für ein ökologisches Gleichgewicht, Biodiversität und von Natur gesunde Reben gearbeitet. Die Familie Campinoti steht seit 2002 für Sangiovese-Weine auf höchstem Niveau, die der Fachwelt und jedem Weinliebhaber beweisen, dass Naturschutz und ökologische Weinerzeugung kein Spleen, sondern geradezu eine Notwendigkeit auch für die Weinqualität sind. Die Qualität und das Potenzial der Ragnaie-Weine haben schon längst die 95-Punkte-Bewertungsmarke geknackt.
Brunelli aus luftiger Höhe und ökologischer Bewirtschaftung
Die Azienda Agricola Le Ragnaie liegt zentral in Montalcino Kernanbaugebiet und zwar auf gut 600 m. ü. M. und damit auf der höchsten bewirtschafteten Stelle der Region. Insgesamt verfügt das Weingut über 28 Hektar Land, auf dem Olivenbäume, Restbestände von Wäldern und Wiesenland zu finden sind. 14 Hektar sind für Weinberge bestimmt, die sich auf vier sehr unterschiedlichen Lagen verteilen. Dazu zählen die Zentrale des Unternehmens Le Ragnaie, wo einige Weinparzellen mit Reben von 1968 bestockt sind, sowie Petroso, Fornace und Montosoli.
Das Terroir samt seiner mikroklimatischen Bedingungen in den vier Hauptlagen ist so unterschiedlich, dass die Azienda trotz ihrer relativen Landbegrenztheit gleichwohl eine enorme Vielfalt an unterschiedlichen Weinsorten vorweisen kann. Die Hauptlage Le Ragnaie, nach der das Weingut benannt ist, gewinnt ihr Potenzial aus der Höhenlage sowie durch die Böden aus erodiertem Sandstein, Sand und Humus. Das Winzerpaar bezeichnet sie als ihre beste Lage, vor allem wegen der nur 1 Hektar kleinen Parzelle Alberello, die auf 620 m. ü. M. liegt und damit der höchstgelegene Punkt der gesamten Appellation ist, die mittlerweile auch zum DOCG-Gebiet gehört. Die Trauben der Le Ragnaie galten lange Zeit als tendenziell minderwertig aufgrund ihres hohen Säuregehalts. Mit der globalen Erderwärmung hat sich dieser Zustand geändert. Nun sind die Trauben dieser Lage viel frischer, ausgewogen im Säuregehalt und aromatischer als jene, die in Tälern reifen. Die kleine Lage Petroso (1 Hektar) wiederum gehört zu den ältesten Weinparzellen Montalcinos und befindet sich südlich des Ortes an der Scarnacuoia. Fornace ist die dritte Lage der Azienda und liegt bereits bei Castelnuovo dell’Abate und gehört somit zum Wertvollsten was diese Weinregion zu bieten hat. Die Fornace-Lage besteht aus drei Weinparzellen, die an den Ausläufern des Monte Amiata und des gleichnamigen Weilers liegen. Hier verbergen sich wahre Schätze wie die Cru La Cava mit ihren Alberese-Böden (weißer Ton) und sehr warmen Mikroklima sowie die Loreto-Lage mit Sand-Lehm-Bodengemisch und angenehmen Temperaturen – beide auf circa 400 m. ü. M. – und schließlich die Cru La Fornace mit satteren eisenhaltigen Humusböden, die zum Teil in den 1960er Jahren bestockt wurde. Als jüngste Errungenschaft des Winzerpaares ist die im Nordosten an Monatcino angrenzende, 5 Hektar große Lage Montosoli im gleichnamigen Dorf. Der größere Teil der Lage befindet sich noch in der DOCG-Appellation von Montalcino, hingegen liegt ein ganz kleines Areal in der IGT Toscana Rosso. Beide Parzellen wurden 1998 mit Sangiovese-Reben bestockt.
Mit diesen vier Standorten deckt Le Ragnaie die besten und wichtigsten Anbaugebiete der DOCG-Appellation und befindet sich in der glücklichen Situation, sehr abwechselndes Traubenmaterial für ihr exquisites Weinsortiment an der Hand zu haben. Bestockt sind alle Weinberge mit der Königstraubensorte der Region, der Sangiovese Grosso, die je nach Standort verschiedene Geschmacks- und Aromaerlebnisse liefert. Das Erziehungssystem auf dem Weingut Le Ragnaie ist nicht einheitlich, überwiegend wird aber Einzelstockerziehung verwendet. Die Besonderheiten der jeweiligen Lagen bedingen sich nicht nur durch ihre unterschiedlichen Höhenstandorte, sondern auch durch ihre natürliche Umgebung. So zum Beispiel sind die Weinfelder in der Le Ragnaie und Fornace von den noch in Resten vorhandenen ursprünglichen Wäldern umgeben. Diese wiederum sorgen für die natürliche Feuchtigkeit und graduelle Abkühlung in den heißen Sommermonaten sowie gesunde Tag-Nacht-Temperaturunterschiede.
Doch gute Lagen alleine machen noch keine guten Weine. Die Winzer Riccardo und seine Ehefrau Jennifer Campinoti sind kompromisslos, wenn es um die Qualität der Lese und die Vinifizierungsmethoden geht. Die Weinphilosophie der Winzer stützt sich auf die ökologische Bewirtschaftung, die die Ressourcen schont und die Biodiversität steigert, womit gleichzeitig auch die Reben gestärkt und auf eine natürliche Weise gesund gehalten werden. Keine Pestizide, keine Kunstdünger, keine bloße Monokultur auf den begrünten Weinbergen. Die ökologischen Maßnahmen finden ihre Widerspiegelung selbst in den Produktionsprozessen im Weinkeller des Weinguts. Die Azienda verfügt diesbezüglich über entsprechende offizielle Zertifizierungen, auf die die Winzer seit dem Kauf der Azienda hingearbeitet haben. Der technisch top ausgestattete Weinkeller, der einer vollautomatischen Temperatur- und Feuchtigkeitsregelung unterliegt, befindet sich inmitten der Weinberge auf der Le Ragnaie, wo die Trauben sofort nach der händischen Lese eingebracht werden. Bevor es in die Verarbeitung geht, werden die Trauben von Hand gesäubert und auf einem Rüttler (vibrierender Tisch) noch einmal ganz genau selektiert, dabei von unerwünschten Resten und Verunreinigungen befreit. Auf diese Weise gelangt nur das beste und sauberste Traubenmaterial in die Weiterverarbeitung. Sie verbleiben in Bottichen zwischen 25 bis 40 Tagen, wo sie äußerst vorsichtig und sparsam umgepumpt werden, um anschließend in 25 Hektoliter fassende Holzfässer, sogenannte Tonneaux, aus slawonischer Eiche, oder in 2,25-Hektoliter Allier-Eichenässer umgefüllt zu werden. Neun Monate bis drei Jahre reift der Wein in diesen unterschiedlich großen Fässern. Nach dieser Prozedur erfolgt die Abfüllung und erneute Reifung auf der Flasche, die bis zu 12 Monaten dauern kann, bevor es dann in die Auslieferung an die Kunden geht.
Alte Geschichte und junge Winzer
Die Geschichte der Azienda Le Ragnaie reicht bis in die Zeit der ersten Siedler zurück, die im frühen 17. Jahrhundert die unmittelbare Umgebung des Landhauses zum Jagen und zur Feldarbeit nutzten. Intensiv bejagt wurden auf Le Ragnaie die hier ehemals zahlreich lebenden Vögel. Leider bis heute typisch, wenn auch nicht mehr auf La Ragnaie, wurden hier Jagd auf kleinere Vögeln, vor allem Singvögel gemacht. Dafür breitete man bodennah feine Fangnetze aus, die von weitem wie Spinnennetze aussahen und dem Ort seinen Namen „Le Ragnaie“ gaben, was auf Deutsch „Spinne“ heißt. Die Stellnetze der Vogeljagt sind auch auf den Etiketten der Ragnaie-Weine zu sehen.
Das Land wurde in den späten 1980er Jahren von Guido Mantini als Weinberg ausgebaut, ein Weinkeller wurde installiert und 11 Jahre lang Weinerzeugnisse produziert. Bis Mantini im Jahr 2002 die gesamte Azienda an das Ehepaar Campinoti verkaufte. Mit den neuen Besitzern bekam das Weingut seinen Namen „Le Ragnaie“ sowie die von Anfang an angestrebte Zertifizierung für ökologische Produktherstellung. In den Jahren 2005, 2006 und 2015 erweiterten die Winzer die Weinberge durch Neuzukäufe in den interessantesten Weinlagen der Region. Sie kauften die alte Cantina Petroso, die kleinen Parzellen in Castelnuovo dell'Abate, die der ursprüngliche Besitzer, Enzo Macchetti, 1980 bestockte aber am Ende keinen Erben für sie hatte, und den Weinberg in Montosoli dazu. Darüber hinaus pachten die Winzer aktuell insgesamt 5 Hektar Rebland in der Loreto-Lage.
Die Sangiovese-Weine der Le Ragnaie
Auf Le Ragnaie dreht sich alles um die Sangiovese-Traube. Fünf reinsortige Weine aus dieser Traube bietet das Portfolio der Azienda (Stand 2020). Das sind: Toscana Rosso IGT „Troncone“, Brunello di Montalcino DOCG „Fornace“, Brunello di Montalcino DOCG, Rosso di Montalcino DOC, Brunello di Montalcino DOCG „Ragnaie V.V.“ Der Le Ragnaie Chianti „Colli Senesi“ wird zurzeit nicht produziert.
Die Weine des Weinguts lassen sich – wenn auch durch die Kürze letztendlich nur ungenügend – folgendermaßen zusammenfassen: vielschichtiges Bouquet, mittelschwerer, komplexer Körper, weiche Tannine, samtig und butterig am Gaumen, extralanger Finish und, für viele ein Wahnsinnspluspunkt, bereits in jungen Jahren sehr trinkig. Der Rosso IGT „Troncone“ gehört mit zu den besten seiner Art überhaupt und die Brunelli von Le Ragnaie gehören zu den allerfeinsten, was die berühmte DOCG-Appellation hergibt. Le Ragnaie verfolgt eine ganz bestimmte Weinphilosophie, die ihr Riccardo Campinoti als „Zurück zu den Grundlagen des Sangiovese“ beschreibt. Darin steckt mitunter der Grund dafür, warum seine Weine geradezu von einer „burgundischen Exquisität“ sind und seine Brunelli die absolute Spitze der toskanischen Weinproduktion bilden.
Le Ragnaie
Gründungsjahr: frühe 1990er Jahre, Neugründung 2002
Eigentümer: Riccardo und Jennifer Campinoti
Önologe: Riccardo Campinoti
Rebfläche: ca. 14 Hektar im ausgewiesen ökologischen Anbau
Notabene: Neben exquisiten Weinen produziert die Azienda Agricola auch hervorragendes Olivenöl aus den eigenen Olivenbäumen. Die alte Azienda Le Ragnaie bietet Führungen und Degustationen ausschließlich nach Voranmeldung an, und verwöhnt ihre Gäste mit exklusiven Übernachtungsmöglichkeiten in Suiten und Appartements. Ein großer Swimmingpool gehört dazu und Hunde sind überall herzlich willkommen. In den Räumlichkeiten des Farmhauses werden Kochkurse angeboten, aber auch Hochzeiten, Geburtstage und viele andere Events ausgerichtet.