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Castello Romitorio

Castello Romitorio – Brunellos wie große Gemälde

Wein und Kunst ist eine der besten Verbindungen – für einige Connaisseurs besser als gutes Essen –, um sich wie im Himmel zu fühlen. Castello Romitorio wird Sie diesbezüglich nicht enttäuschen, denn es kombiniert herausragende Kunst mit herausragenden Weinen, beides in einem archaischen Castello inmitten einer klassisch toskanischen Landschaft. Sowohl der Wein als auch die Kunst kommen aus der Hand eines international bekannten Künstlers. Das Szenario eignet sich bestens für einen Film mit Brunello-Weinen in der Hauptrolle.

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Kunstkenner unter den Weinliebhabern werden den Namen Sandro Chia sicherlich kennen, denn er gehört zu den tonangebenden zeitgenössischen italienischen Künstlern, gefeiert rund um den Globus. Neben der Malerei ist Chias zweite Berufung ganz offensichtlich die des Winzers, die er bravourös betreibt. Castello Romitorio liegt nur wenige Kilometer westlich von dem für seine ganz speziellen Weine berühmten mittelalterlichen Weiler Montalcino.

Spezialisiertes Weingut im uraltem Gemäuer 

Das Castello Romitorio liegt nur wenige Kilometer entfernt von dem Zentrum des kleinen aber berühmten Weinorts Montalcino in der Toskana, das es von seiner erhöhten Lage über dem Val d’Orcia überblicken kann. Die Azienda liegt im Nordwesten der Denomination Montalcino und somit in der kälteren Subregion des alten Weilers. Die Sonneneinstrahlung hier ist etwas geringer, der Standort schattiger und somit die durchschnittliche Temperatur niedriger als in der Nachbarschaftsregionen, doch die Entscheidung, die Weinberge wieder zum Leben zu erwecken und hier Weine zu keltern, erwies sich als goldrichtig. Während andere toskanische Weinregionen unter der jährlich steigenden Hitze, verursacht durch die Klimaveränderung durch zunehmende Umweltverschmutzung und Naturzerstörung, leiden, ist der bisher unter Winzern weniger beliebte Westen Montalcinos geradezu ideal für Qualitätsweine geworden. Die circa 14 Hektar großen Romitorio-Weinberge liegen vorwiegend rund um das Castello auf einem Hügel und bestehen aus kleinen Parzellen, die von noch wilder Vegetation umgeben sind. Das Terroir hat nicht nur ihr spezielles Mikroklima, sondern auch interessante Erdzusammensetzungen. Dazu gehören die berühmten Erdsorten wie Galestro (Kalkstein-Schieferboden) und Alberese (verwitterter Sandstein fossil-maritimen Ursprungs), sondern auch lehmhaltige Böden. Angebaut wird auf der Azienda mehrheitlich die Sangiovese-Rebsorte, der Star der hiesigen Region, daneben aber auch Syrah und Petit Verdot. 

Als Sandro Chia in den 1980er Jahren das Castello kaufte, ließ er nicht nur die heruntergekommenen Weinberge neu aufbauen, sondern die Gesamtanlage in detaillierten Schritten restaurieren. Der Weinkeller wurde 2005 noch einmal umgestaltet und wie es sich für einen Topwinzer gehört, mit modernster Technologie ausgestattet. Die Hauptaufmerksamkeit des Romitorio-Teams, und die hier betriebene Forschung, drehen sich hauptsächlich um die Brunello- bzw. Sangiovese-Weine. Ihre mit vielen nationalen und internationalen Auszeichnungen verbriefte Exzellenz verdankt sich der Trias des Unternehmens, zu dem der Weinberater Carlo Vittori, der Önologe Franco Martini – der sein hervorragendes Handwerk an seinem Sohn Stefano weitergegeben hat – und der Besitzer und Ideengeber Sandro Chia gehören. Mittlerweile wird Chia Senior von seinem Sohn Filippo unterstützt, der die Führung im Weinbetrieb allmählich übernimmt.

Inzwischen hat das Romitorio-Weingut drei Standbeine. Dazu gehört zu aller erst das Herzstück, das Anwesen Castello Romitorio selbst, das insgesamt 187 Hektar umfasst. Zum Gesamtanwesen zählen neben den Gebäuden und 14 Hektar Weinbergen auch ausgedehnte Steineichenwälder und Heideland. Ergänzt wird es von einer 8 Hektar großen Parzelle „Poggio di Sopra“, die gleicherweise in Montalcino liegt. Ein relativ neues Unternehmen (1999 erworben) ist das 11 Hektar umfassende „Ghiaccio Forte“ in Scansano in der Maremma-Region. Diese Tenuta arbeitet unabhängig vom Castello Romitorio und wird auch separat vermarktet.

Das Geheimnis hinter dem herausragenden Erfolg des sich selbst als Laie betitelnden Winzers und seines Weinguts liegt unter anderem in der notorisch peniblen Auslese, die bei der händischen Ernte beginnt und im Weinkeller fortgesetzt wird. Der Selektion geht die weitreichende Entscheidung voraus, ausschließlich Trauben aus der DOCG- und DOC-Appellationen zu Weiterverarbeitung zuzulassen, auch wenn mittlerweile drei Weine aus dem Hause Chia die Bezeichnung IGT tragen.

Die angestrebte Symbiose zwischen beseelter Kunst und künstlerischen Weinen wird in dem 3.000 Quadratmeter großen Weinkeller, der „cantina“, im Castello Romitorio sichtbar. Hier reihen sich nicht nur unterschiedlich große Eichenfässer und Barriques aneinander, sondern auch die Skulpturen und Gemälde Chias sowie seine Sammlung von antiken regionalen Artefakten, die alle in einen Dialog miteinander treten sollen. Bis zu 30 Monaten beträgt der Alterungsprozess einiger der hier lagernden Weine. Dabei betont der Winzer immer wieder, dass die Eiche nur als „unterstützender Akteur bei der Entwicklung des Weins“ gedacht ist und nicht der Hauptakteur bei der Bildung des Geschmacks sein soll.

Wie ein Künstler zum Wein kam

Das Castello di Romitorio ist eine aus dem 14. Jahrhundert stammende Burganlage, die auf wesentlich älteren Fundamenten aus der Römerzeit ruht, und vielleicht sogar im Kern etruskischen Ursprungs ist. Bis zum 12. Jahrhundert befand sich hier ein Kloster, das aufgrund seiner besonderen Lage zwischen Florenz und Siena – den beiden sich bekämpfenden Städte –, befestigt und in ein Kastell umgebaut wurde, um das unabhängige Montalcino zu schützen (1559 an die Medicis übergeben). Im 19. Jahrhundert war das Castello zu einer Patriziervilla umgestaltet worden, doch seit dem Zweiten Weltkrieg stand sie verlassen und verfiel zusehends, alleine von Hirten und ihren Tieren zur Übernachtung genutzt. In den 1970er Jahren kaufte Baron Giorgio Franchetti, ein bekannter italienischer Restaurator alter Gemäuer, den Gebäudekomplex, zu dem auch eine Kapelle aus dem 14. Jahrhundert gehört. Als aus seinen restauratorischen Plänen nichts wurde, stand das Anwesen wieder zum Verkauf an und wurde schließlich 1984 von Sandro Chia aufgekauft. Zu diesem Zeitpunkt war das Anwesen zu einer ruinösen Anlage verkommen, die Chia in kleinen Schritten zum neuen Glanz verhalf. Das Castello Romitorio war für Sandro Chia von Anfang an als ein Atelier und seine Wohnstätte gedacht. Hier verbringt Chia sechs Monate im Jahr, die anderen in New York, Miami oder Rom. Der Weinanbau kam zunächst fast durch die Hintertür dazu, als historischer Anteil des Anwesens und aufgrund der Gespräche, die Chia in der Aufbauphase mit den Bewohnern von Montalcino führe. Im Interview der Fokus-Zeitschrift bekennt er rückblickend: „Sie [die Montalciner] reden über ihren Wein wie wir Künstler über unsere Werke. Ich wollte zu ihnen gehören.“

Bevor Sandro Chia seinen temporären Wohnsitz inmitten der Weinberge verlegte und Winzer wurde, war der gebürtige Florentiner zu aller erst ein international gefeierter Künstler, der bekannteste Vertreter der italienischen Postmoderne und ein führender Kopf der „Transavangarde“. Dass er auch noch ein gefeierter Winzer wurde, war nicht eingeplant. Vielleicht war er ein Künstler und Wein-Laie ist, hat sich Chia seine Offenherzigkeit und Spontanität eines Nicht-Professionellen bis heute erhalten. Seine von der Fachpresse immer wieder gelobten Brunellos sind möglicherweise deswegen so gut, weil Chia sie – wie seine Kollegen in der Nachbarschaft auch – wie Gemälde interpretiert: avantgardistisch, mutig, inspiriert, manches Mal spontan und manchmal auf einem langen ‚philosophischen Weg‘ entwickelt. Für Chia gibt es weder in der Kunst noch in der Kelterei einen vorgeschriebenen oder konventionellen Weg – die Türen für Neues und Unerwartetes bleiben im Castello Romitorio daher immer offen. Mittlerweile ist Chias Sohn Filippo in das Weingeschäft eingestiegen und hat die Koordination der Arbeiten im Weingut übernommen.

Wie sollte es auch anders sein, im Castello Romitorio stehen Weinkunstwerke neben den Werken des Künstlers, zu denen Skulpturen als auch Gemälde und Arrangements gehören. In Fachkreisen heißt es, die Beschäftigung mit dem Weinanbau habe aus Chia einen anderen Künstler gemacht. Einen gelassenen, charmanten Macher, der seine neue Lebensphase in Bildern zum Ausdruck bringt, die sich offenbar durch gesteigerte Leichtigkeit und schöpferische Sinnlichkeit auszeichnen. Wenn das nicht an den Sangioveses liegt…

Brunellos und Sangiovese wohin man blickt: Das feine Portfolio des Castello Romitorio

Das Portfolio des Castello Romitorio ist mit neun Rotweinen bewusst übersichtlich gehalten. Spezialisiert hat sich sein Besitzer auf Sangiovese-Weine, Brunello di Montalcino und seinen „kleine Bruder“, den Rosso di Montalcino. Auf höchsten Niveau gekeltert sind die Rosso-di-Montalcino-Weine nicht minder erstklassig. Auch wenn der Rosso des Castello Romitorio still und leise daherkommt, so steht er seinem „großen Bruder“ kaum nach, auch hat er den Vorteil, dass er schneller trinkbar ist. Dieser Zweitwein von Romitorio ist eine echte Einstiegsempfehlung in die Welt der starken Brunellos. Und von diesen hat Romitorio drei im Petto. Das Flaggschiff „Filo di Seta“ Brunello di Montalcino DOCG, der 30 Monate im Eichenfass reift, ist ein echtes Juwel und geradezu legendär: elegant, ausdrucksstark, von einer überwältigenden Nase und faszinierendem Gaumen. Viel Anerkennung gibt es hier von James Suckling: für den 2015er Jahrgang vergab er bereitwillig 96 und für den 2010er sogar die sagenhaften 98 Punkte. Hinter diesem Flaggschiff stehen im Grunde auf dem gleichen Podest der Klassiker Brunello di Montalcino DOCG und sein Riserva. 

Doch der allererste Wein, den Chia in den 1980er Jahren produzierte, ist der „Romito“ Toscana IGT, ein hundertprozentiger Sangiovese, der 14 Monate in Eichenfass reifte und mit vollen Aromen nach reifen dunklen Beeren, weicher Eleganz und runden Tannine, sowie mit einem langen, fruchtbetonten Abgang überzeugt. Neben weiteren 100-prozentigen Sangiovese-Weinen, wie dem Chianti „Colli Senesi“ DOCG – einem Klassiker der toskanischen Weinkultur – und dem „Morellino di Scansano“ DOCG, gibt es bisher nur einen einzigen Cuveé, den „Romitòro” IGT. Dieser Verschnitt aus Syrah und Petit Verdot gilt als ein Super Tuscan, dem The Wine Advocate 95 Punkte für den Jahrgang 2016 gibt.

 

Castello Romitorio

Gründungsjahr: 1984
Eigentümer: Sandro Chia
Önologe: Franco Martini und Stefano Martini
Rebfläche: ca. 22 Hektar im konventionellen Anbau 

Notabene: Wer das Castello Romitorio besuchen möchte – ob individuell oder als Gruppe –, wird um eine rechtzeitige Voranmeldung gebeten. Der angemeldete Besuch beinhaltet eine geführte Tour durch den Weinkeller, in dem neben den Fässern auch Sandro Chias Kunstwerke stehen bzw. hängen, und eine Degustation. Und wenn Sie gerade in dieser landschaftlich wunderschönen Gegend sind, dann besuchen Sie das nur einige wenige Kilometer vom Castello entfernte Murlo. In diesem Dorf liegt eine der bedeutendsten Ausgrabungsstätten, die etruskische Häuser aus dem 12. Jh. v.Chr. freigelegt hat.