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Cantina Polvanera

Cantine Polvanera – Primitivos aus dem „Kohlenstaub“

Die Cantine Polvanera liegt inmitten der DOC-Appellation genannt nach dem kleinen Örtchen Gioia del Colle von dem es nur einen Steinwurf entfernt liegt. In 40 Kilometern Entfernung glänzt rechter Hand das adriatische, linker Hand das ionische Meer und zusammen mit den satten Böden der Hochebene sorgt die Lage für ein ganz besonderes Terroir.

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Diese Region wird nachweislich seit tausenden von Jahren landwirtschaftlich genutzt und ist bekannt für ihre optimalen Weinlagen. Die Cantine Polvanera arbeitet seit jeher ökologisch (jetzt auch zertifiziert) und bietet eine überraschend vielfältig aufgestellte Weinpalette. Eigentlich sollte das dann doch nicht überraschen, denn was gedeiht auf diesen apulischen Hochebenen eigentlich nicht. Dennoch ist Polvanera auf eine Weinsorte spezialisiert: auf den Primitivo natürlich. Primitivo ist ein Name, der sowohl die Weinrebe als auch die Weinsorte bezeichnet, die alles andere als „primitiv“ ist, wie einige aufgrund der Wortähnlichkeit glauben. „Primitivo“ bedeutet im Italienischen eher „urwüchsig“, was die uralten Reben sicherlich auch sind, doch ihr italienischer Name leitet sich von „primo“ ab und bezieht sich auf die Ernte- beziehungsweise die Produktionszeit (früh im September). Die Primitivos der Cantine Polvanera sind alles andere als simpel. Sie gehören schon längst zu den Tops unter ihresgleichen. Das belegen Auszeichnungen von Slow-Food oder GAMBERO ROSSO jeder auf ihre Weise eindeutig. 

Ein genauer Blick auf die Produktpalette der Cantine Polvanera wird so einige Weinliebhaber überraschen, denn die Cantine produziert im heißen Apulien zwei frisch prickelnde Spumante-Weine nach der Méthode Charmat, die in Italien gerne nach ihrem Erfinder die „Metodo Martinotti“ genannt wird. Wer sich ausschließlich für besondere Primitivos interessiert, ist hier bestens aufgehoben – und entdeckt en passant vielleicht doch noch andere Schätze der Cantine… 

Primitivos aus der Ebene des Südens

Die Cantine liegt in einer großen Ebene auf 300 bis 450 m. ü. M. im sonnengetränkten Apulien am Rande des Örtchens Gioia del Colle in der gleichnamigen DOC-Appellation. Dieses uralte Weinland hat eine ganz besondere geographische Lage. Es erstreckt sich jeweils gute 40 Kilometer zwischen Bari an der Adria im Nordosten Apuliens, zwischen den Bergausläufern im Zentrum und dem Ionischen Meer beziehungsweise dem Golf von Tarent im Süden Apuliens. Diese spezielle Lage schafft gute klimatische Bedingungen, wozu auch die richtige Belüftung als auch die Abkühlung im Tag- und Nachttemperaturgefälle dazu gehört. Was wiederum mitunter ein Garant für aromatische, frische, wenn auch typisch-apulisch komplexe Weine ist. Zu Polvanera gehören 100 Hektar Weinland, die vorwiegend mit den traditionellen Rebsorten Primitivo, auf die die Cantine spezialisiert ist, bestockt sind, gefolgt von Aleatico und Aglianico als auch mit den Varietäten Minutolo, Muskateller und der weißen Falanghina bestockt ist. Die fruchtbaren rötlich-gelben Böden der Region Gioia del Colle – die Weinberge Montevella, Acquaviva delle Fonti und San Benedetto gehören zu den Top-Lagen – unterscheiden sich in ihrer jeweiligen geologischen Zusammensetzungen, sind aber alle mit deutlichen Lehmanteilen und Eisenspuren versehen, die auf Kalkgestein ruhen und den Weinen ihre teils klare mineralische Noten geben. Rebsorten und Böden sind bestens aufeinander abgestimmt, was durch entsprechende technische Analysen untermauert ist. Das Weingut verfügt über unterschiedlich alte Weinreben: die ältesten sind über 70 Jahre alt und wachsen im Albarello („Bäumchen“) Erziehungssystem, wohingegen die jüngeren vorwiegend im „Cordone speronato“, im Sporn-Kordon-System, oder Guyot gezogen werden. Polvanera bewirtschaftet ihre Weinberge ökologisch und folgt einem „einfachen“ önologischen Vinifizierungschema, wenn auch mit modernsten Technologien im Weinkeller. Die Cantine Polvanera ist mittlerweile zertifiziert und darf offiziell den „Bio-Siegel“ tragen.

Sowohl der Vorzeigewein des Unternehmens, der Primitivo, als auch die anderen zumeist autochthonen Weinsorten im Portfolio von Polvanera kommen ohne Holz aus. Die Weinphilosophie der Cantine besagt, sowenig Oxidation wie nötig und so viel ureigenen Geschmack wie möglich. Sowohl der Most als auch der Wein gärt und reift in Edelstahltanks und anschließend in den Flaschen. Für die Pressung werden hochmoderne Verfahren genutzt, die die Trauben besonders vorsichtig zerdrücken und auspressen. Zu seinem Spagat zwischen Moderne und traditionsgebundenen Vinifizierungserkenntnissen sagt der Weinmacher selbst: „Diese Verbindung zwischen Tradition und Technologie bringt einen Wein hervor, der stark an seine Umwelt angebunden ist, und der charakteristische Noten von Eleganz, Trinkbarkeit, und außergewöhnlichen Frische und Mineralität hat.“

Etwas ganz Besonderes ist der Weinkeller der Cantine, der acht Meter in den Kalksteinuntergrund geschlagen ist. Diese tiefe Gesteinslage schafft konstant niedrige Temperaturen auf einem natürlichen Wege und ist ein deutlicher Qualitätsgeber während der Vinifizierungsprozesse, gerade in solch heißen Gegenden wie Apulien. 

Von Köhlern zu Winzern

Das Gut wird datiert auf das Jahr 1820. Doch der Hof hat zunächst keine beglaubigte Weinvergangenheit, denn die hier zuerst lebenden Menschen waren weder Bauern noch Winzer, sondern stellten Holzkohle her! Der Name der Tenuta leitet sich ab von „Polvagnor“, einem Wort in der apulischen Mundart, mit dem die auf dem Gut lebende Familie von den benachbarten Bauern, nicht gerade freundlich, als die „Staubigen“ oder „Verrußten“ bezeichnet wurde. Der Grund für diesen Beinamen soll daraus resultiert haben, dass die Familie den Beruf des Köhlers ausübte und der Ruß der Holzkohle ihr Haus wie auch ihre Haut bedeckt haben soll. Später diente das einfache Haus als Stall für Nutztiere, die auf den angrenzenden Feldern grasten. 

Erst mit Filippo Cassano im Jahr 2002 wurde die heruntergekommene Cantine wieder flott gemacht und in ein Weingut umgewandelt. Der engagierte Filippo ist in zweiter Generation Winzer und lernte die Vinifizierung bereits in jungen Jahren von seinem Vater. Später studierte er Önologie an der Basile Caramia, einer Fachschule für Önologie in Locorotondo. Er sah in dem erworbenen Land das große Potenzial vor allem für den Primitivo, den er besonders schätzte. Als erste Amtshandlung ‚entstaubte‘ er das rustikale Bauerhaus, befreite es von dem alten Verputz und gab ihm sein einfaches aber stimmungsvolles Aussehen zurück. Parallel dazu wurden die Weinberge neu organisiert. Filippo Cassano bekannte sich schon früh zu Klarheit und Purismus. Das betrifft die Vinifizierungsmethoden aber auch die Weinbergbearbeitung, die schließlich aus der Cantine Polvanera ein reines ökologisches Weingut mit entsprechender Zertifizierung machten.   

Das heutige ‚Haupthaus‘, in dem allerdings kein Wein gemacht wird, steht wie vor 200 Jahren inmitten der schier endlosen Felder, die heutzutage fast alle zu Weinbergen mutiert sind. Hier können stimmungsvolle  Degustationen oder kulturelle Wechselveranstaltungen aufgesucht werden, zu denen man auch kulinarische Regionalspezialitäten genießt. Aus Respekt vor der Geschichte der Region, aber auch um die sicherlich arme Köhlerfamilie zu rehabilitieren, wurde die neuentstandene Weinkellerei „Cantine Polvanera“ genannt. 

Das Portfolio mit der Geschichte der Primitivos

Das Portfolio der Cantine deckt beinahe die gesamte Palette möglicher Weinerzeugnisse ab und alle sind als „Bio-Weine“ gekennzeichnet. Neben den Rot- und Weißweinen bietet es einen Rosé, einige Dessertweine und zwei Spumanti, die nach der „Méthode Charmat“ hergestellt werden: den Spumante Brut Rosé „A“ IGT Puglia und Spumante Brut Bianco „B“ IGT Puglia. Im aktuellen Portfolio (Stand 2021) können Sie aus fünf reinsortigen Weißweinen wählen, die ihre Traubensorten im Namen tragen: „Bianco d’Alessano“ IGT Puglia, „Falanghina“ IGT Puglia, „Minutolo Vale d’Itria“, „Moscato Dry“ und schließlich dem „Verdeca Orange Wine“, dessen Mazeration wie die eines Rotwein abläuft (auf der Haut der Trauben). Der letztgenannte ist eine Wucht von tiefem Gold im Glas, Holunder, Akazie und Pfirsich mit dezenter Würze in der Nase und Mandel, Quitte sowie einer leichten und frischen Säure am Gaumen. Der einzige Rosé der Cantine ist der „Rosado“ IGT Puglia, eine Cuvée aus 40 % Aleatico, 30 % Primitivo und 30 % Aglianico. Zu erwähnen sind noch drei vorzügliche, natursüße Dessertweine: „Moscato“ IGT Puglia, „Aleatico“ IGT Puglia und der Vorzeigewein unter ihnen, der 100 % Primitivo „Polvanera 21“ IGT Puglia, dessen Trauben von den 70-jährigen Reben stammt und der ein Jahr im Edelstahltank und ein Jahr in der Flasche verbringt. 

Die Flaggschiffe der Cantine Polvanera sind zweifelsohne die Primitivos, die eine spannende Geschichte haben. Ihr Ursprung liegt auf der anderen Seite Apuliens, in Kroatien und Montenegro, wo diese spezielle Urtraube bereits von den Illyriern kultiviert wurde. Die „Schiavonis“, die Slawen, brachten die Reben im 15. oder 16. Jahrhundert nach Apulien und kultivierten sie dort zunächst selbst. Erst im 18. Jahrhundert wurden diese Rebsorte semi-offiziell wieder ‚entdeckt‘ und zwar von Don Filippo Francesco Indellicati aus Gioia del Colle. Filippo Francesco war ein Geistlicher und, für Geistliche nicht selten, ein Hobbybiologe. Es heißt, er sei der erste, der die Rebsorte selektierte und im Ortsteil Terzi anzubauen begann. Auf ihn geht auch ihr Name „Primitivo“ zurück, nicht – wie einige vielleicht meinen – wegen der vermeintlichen Einfachheit der Trauben beziehungsweise des Weins, sondern der frühen Reifung und dementsprechend einer frühen – „primo“ – Verarbeitung. Die Primitivos der Cantine Polvanera zeichnen sich durch ihr intensives Bouquet nach würzigen Kräutern, Küchengewürzen, roten Früchten und Beeren aus. Der Gaumen wird samtig umspielt von fein eingebundenen Tanninen im Zusammenspiel mit einer tieferliegender Mineralik aus dem Terroir. 

Sechs Rotweine produziert die Cantine, der erste ist der reinsortige „Aglianico“ IGT Puglia, der Rest sind Primitivos. Den Anfang macht ein IGT-Primitivo, der sechs Monate in Edelstahltank und drei Monate in der Flasche reift, gefolgt von dem „Polvanera 14“ Gioia del Colle mit 24 Monaten im Edelstahltank und einem Jahr in der Flasche, dem „Polvanera 15“, einem Primitivo ohne Zugaben von Sulfiten (sechs Monate im Edelstahltank und drei Monate in der Flasche), dem „Polvanera 16“ DOC Gioia del Colle, dessen Trauben handgelesen werden und aus 70-jährigen Rebstöcken kommen (24 Monate in Edelstahltank und ein Jahr in der Flasche), sowie dem „Polvanera 17“ DOC Gioia del Colle, dessen einziger Unterschied zu der Nr. 16 in Trauben aus anderen zwei Top-Weinlagen besteht. Nein, der einzige Unterschied ist es sicherlich nicht, davon zeugen die vielen Auszeichnungen, die die Nr. 17 beispielsweise von GAMBERO ROSSO einheimst, der ihm regelmäßig Drei Weingläser gibt. 

 

Cantine Polvanera

Gründungsjahr: 2002
Eigentümer: Filippo Cassano
Önologe: Filippo Cassano
Rebfläche: 100 ha in ökologisch bestätigtem Anbau

Notabene: Die Cantine Polvanera kann mit einer entsprechenden Buchung auf der Internetseite oder per eMail besichtigt werden. Dazu gehört eine Degustation mit kleinen Happen aus der Regionalküche.