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Stella di Campalto

Stella di Campalto und die Podere San Giuseppe – Endlich „mal was anderes“ aus Montalcino!

Stella di Campalto ist die Besitzerin der Azienda Agricola San Giuseppe, gerne auch Podere San Giuseppe genannt, die in der Appellation Montalcino liegt und, wie sollte es auch anders sein, sich auf Brunello und Rosso di Montalcino spezialisiert hat. Soweit also nichts Neues. Doch man braucht nur eine der Brunellos von Stella di Campalto zu kosten, um zu merken, dass hier etwas anderes passiert als bei vielen anderen Nachbarn. Die Weine von Stella di Campalto haben in ihrer Eigenwilligkeit das Potenzial, die Weinliebhaber in zwei Lager zu spalten. Man liebt sie, oder man hasst sie, die Brunellos von Stella di Campalto. Die Tenuta arbeitet rein ökologisch-dynamisch und ist dafür auch offiziell ausgezeichnet. Allerdings ist diese Tatsache nicht dafür verantwortlich, dass die Weine der Stella di Campalto polarisieren, sondern der Stil, den die Winzerin, nach der das Weingut benannt ist, für ihre Weine favorisiert. Experimentell eingestellt, bricht sie gerne die herkömmliche Vorstellung von Weinen aus Montalcino und erntet dafür nicht immer Lobesworte. Stella di Campalto nimmt es in Kauf, wenn nicht alles so gelingt, wie sie es sich vorgestellt hat – sie akzeptiert auch, wenn ihr Weinstil nicht jedem Gaumen mundet. Jenseits der Experimente, die auch schon mal misslingen, produziert die mutige Winzerin und Quereinsteigerin herausragende Montalcino-Weine von großer Eleganz und „burgundischer“ Finesse, die das Salz der Erde, oder besser gesagt: das gesamte Spektrum der hiesigen mineralischen Böden in sich tragen.

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Azienda Agricola San Giuseppe

Das Weingut Azienda Agricola San Giuseppe, das die Einheimischen „Podere“ San Guiseppe (Bauernhof, Farm) nennen,  liegt im Süden von Castelnuovo dell’Abate in der Appellation Montalcino. Es besteht aus 13,5 Hektar Land, das in neun Parzellen aufgeteilt ist, die sich alle um das Haupthaus und den Weinkeller gruppieren. Bisher sind sieben Hektar in Weingärten umgewandelt worden, der Rest sind Wälder, Brachland und Olivenhaine, die 1920 gepflanzt wurden und weiterhin in Nutzung sind. Seit den 1990er Jahren arbeitet die Tenuta organisch und naturnah, seit 1996 zertifiziert und seit 2002 ist sie beglaubigt biodynamisch. Entsprechend diesen Anforderungen besitzt das Weingut eine neue Weinkellerei, ausgestattet mit einer Solaranlage, die den Betrieb mit Strom versorgt. Es muss eigentlich nicht erwähnt werden, dass die Arbeit im Weinberg ohne chemische Pestizide, Herbizide oder Kunstdünger vonstattengeht. Erwähnt sollte man aber den Einsatz von Pferden, die die Weinberge pflügen, während Menschen von Hand die Reben bearbeiten. Der Genius Loci, sagt die Gutsbesitzerin, ist die Erde des Tals Val d’Orcia zu Füssen des Monte Amiata. Tatsächlich liegt das Weingut eingebettet in einer schönen Natur- und Kulturlandschaft auf circa 350 m. ü. M. Der Boden ist sogenannter Galestro mit Kalzit-, Ton-, Sand-, Eisen- und Quarzeinlagen. Die Erde rund um den Weinkeller San Giuseppe weist 12 unterschiedliche Zusammensetzungen auf. Das, so die Besitzerin, ist auch der Grund, warum die hier als einzige angebaute Varietät, die Sangiovese-Traube, so unterschiedlich ausfällt und eine beachtliche Vielfalt an Weinen liefern kann. 

Ökologie und Tradition setzten sich fort im Weinkeller der Azienda, wo ein Gravitationssystem den Einsatz von Maschinen minimiert. Vinifiziert werden die Trauben strickt nach ihren Lagen. Gekeltert wird in offenen Holzbehältern von 30-Zentnern Größe, den sogenannten Troncoconici, wo die Weintrauben manuell zerdrückt werden und auf eigenen Hefen spontan gären. Die Maischegärung wird lang angesetzt und mit der Schwefelzugabe sehr sparsam verfahren. 

Nach der alkoholischen Gärung wird der Wein in kleine Eichenfässer zwischen 115 und 225 Litern (Barriques) Fassvermögen oder auch in 900 Litern Tonneaux abgefüllt und verbleibt im 50 Fuß tief gelegenen Alterungskeller bei konstanten Temperaturen zwischen 22 (Rosso di Montalcino) und 45 Monate (Riserva). Anschließend wird er in Flaschen vor Ort abgefüllt und händisch etikettiert. Wann der Wein in den Verkauf gelangt, ist eine individuelle Entscheidung der eigenwilligen Chefin, die ihm auf der Flasche zwischen 5 und 21 Monate gibt. Für den Brunello gelten Zeiträume von 9 bis 26 Monaten. Fast alles, was die Azienda San Giuseppe betrifft, geschieht nach eigenem Ermessen der engagierten Winzerin. Auch die Preispolitik von Stella di Campalto, die gerne den Rosso preislich vor einem Brunello anderer Winzer platziert, spiegelt diese autonome Herangehensweise wider. 

Weinkenner bemängeln, dass die Jahrgangsweine der San Giuseppe teilweise sehr unterschiedlich ausfallen und damit die erwünschte Kontinuität fehle. Dass die Weine von Stella di Campalto zeitweise eigenwillig geraten, liegt sicherlich mitunter an den geringen Schwefelzugaben, die dazu neigen, den Wein instabil zu machen, was wiederum den Säuregehalt hochtreiben kann. Die Extravaganzen kann und will sich die Gutsbesitzerin erlauben – denn auf der anderen Seite produziert sie Spitzenqualitäten, die die manchmal doch recht eingefahrenen Produktionen aus Montalcino deutlich beleben. 

Von Pferdeliebhaberin zu Wein- und Naturliebhaberin

Podere San Giuseppe wurde 1910 von Giuseppe Martelli gegründet aber bereits 1940, das heißt während des Zweiten Weltkriegs, aufgegeben. Die Weingärten sowie die stark verwahrlosten Gebäude kamen 1992 als Hochzeitsgeschenk an die gebürtige Römerin, einer adeligen Familie entstammenden und daher von der italienischen Presse auch als „Bauern-Gräfin“ bezeichneten Stella Viola di Campalto. Die damals 25-jährige passionierte Reiterin, Pferde- und Naturliebhaberin hat nur kurz gezögert und die Chance ergriffen als Quereinsteigerin Winzerin zu werden und auf dieses wunderschöne Stück Land überzusiedeln. Noch von Mailand aus, wo sie bis dahin lebte, begann Stella di Campalto sich in die Restaurierung der Azienda und Bepflanzung der Weinberge zu engagieren. Das Land hat noch nie chemische Pestizide oder Düngemittel gesehen und wurde von Anfang an von der neuen Winzerin ökologisch und naturnah bearbeitet. Die ersten Weine wurden in den 1990ern noch in der Scheune vinifiziert, da die Gebäude noch nicht bezugsfertig waren. Heutzutage arbeitet sie mit einem kleinen, handverlesenen Team zusammen. Es dauert nicht lange, und ihre beiden Töchtern Beatrice und Benedetta, deren Geburten zu Ehren zwei Brunellos gewidmet sind, werden der engagierten Mamma folgen. Trotz des großen Zuspruchs, den die Weine der Podere San Guiseppe in der Fachwelt erfahren, möchte Stella di Campalto eine kleine Weinproduzentin bleiben, die sich stark spezialisiert und gleichzeitig ihre Weinberge „persönlich kennt und umrunden“ kann.

Kurz und knapp: Ein Portfolio der Brunello-Riservas

Die Azienda produziert ab dem Jahrgang 2008 im Grunde nur zwei Weine, den Rosso di Montalcino DOC und den Brunello di Montalcino DOCG, der als Riserva ausgebaut wird. Auch der zweite Blick trügt nicht, denn San Giuseppe Weingut spezialisiert sich auf Riserva Brunellos und bietet seine Weine als Vintage von 2001 bis heute an. Zwei Besonderheiten sollten erwähnt werden: 2011 wurden die Riservas „Beatrice“ und „Benedetta“ realisiert, die auf die zwei sehr unterschiedliche Töchter der Winzerin beziehen: während der „Beatrice“ aus Sangiovese-Trauben der Bassa-Lage von sandigen und soften Böden entsteht, ist der „Benedetta“ durch felsige Albarese-Böden der Leccio-Lage bestimmt. Grundsätzlich gilt für die Weine der Stella di Campalto: Der Rosso di Montalcino wird wie ein Brunello behandelt, während der Brunello… nun ja, immer ein Riserva-Qualitätswein ist! Was erwartet einen Weinliebhaber dabei? Samtige, üppige Weine, polierte Tannine, Bouquets von Kirsch, Waldbeere über Wildkräuter, erdigen Nuancen bis hin zu reifen Granatapfel und elegant eingebundenen Holznoten. Auf einen mittleren Körper folgt ein langanhaltender Abgang. 

 

San Giuseppe/Stella di Campalto

Gründungsjahr: 1910
Eigentümer: Stella di Campalto
Önologin: Stella di Campalto
Rebfläche: 7 Hektar in biodynamisch anerkanntem Anbau

Notabene: Typisch für Toskana sind nicht nur Weinreben, sondern auch alte Ölbäume. Sie umgeben die Azienda Agricola San Guiseppe und liefern den Rohstoff für ein feines extra vergine Olivenöl ab. Auf der Azienda wird auch ein Grappa di Brunello di Montalcino Riserva produziert, der in Barriques zwei Jahre lang altert. Besucher sind mit Voranmeldung willkommen und bekommen eine Führung, die in den Weinbergen beginnt und mit einer Vorstellung der Vinifizierung und einer Probe aus dem Weinfass im Weinkeller endet. Im Anschluss werden beide Weine des Weinguts degustiert. Ein Muss für jeden, der sich auch nur etwas für Kunst & Kultur interessiert, ist ein Spaziergang zu der nahegelegenen berühmten Benediktinerinnen-Abtei Sant’Antimo aus dem 8. Jahrhundert. Gregorianische Gesänge, die in der Abtei aufgenommen wurden, untermalen akustisch den Reifungsprozess der Brunellos und Rossos di Montalcino in dem Alterungskeller der Azienda San Guiseppe.