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Roséwein Rosado aus Rioja

Spanische Rosés und Rosados erleben eine Renaissance. Man muss präzisieren: Spanier und Franzosen würdigen ihre Rosés als vollwertige Weine neben weißen und roten Weinen schon seit jeher. Nur die Alemánes wachen erst jetzt auf.

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Angesichts der langen Tradition der spanischen Bodegas in der Herstellung von erstklassigen Rosados und Rosés – ja, da gibt es einen Unterschied! – ist die Wertschätzung überaus gerechtfertigt. Aus Frankreich hört man sogar, dass die Rosés die Konsumenten mittlerweile mehr begeistern als die Weißweine. Und wenn wir von den besten und interessantesten Roséweinen und Rosados sprechen, dann müssen wir einfach schon wieder von Rioja sprechen, denn dieser Landstricht, der aus den Provinzen Navarra, La Rioja und Álava (Basken) besteht, hat die vielfältigsten Böden, differenzierte klimatische Bedingungen und dementsprechend richtig spannende Trauben. Das Grundgerüst komplementieren die hervorragenden Bodegas, deren Geschichte eng mit dem Zuzug von französischen Winzern im 19. Jahrhundert zusammenhängt, die ein damals neues und bis heute relevantes Knowhow der Vinifizierung aus Bordeaux mit sich brachten. Eine der wesentlichen Bereitungsmethoden, der Ausbau im Holz und im Barrique, haben die heutigen Bodegas den französischen Kollegen zu verdanken. Die deutschen Weintrinker können daher auf die tradierten Rosés und Rosados der Rioja-Weinanbauregion gespannt sein. Die Weinkritikerszene ist schon längst in den Bodegas mit ihren rosaroten Rioja-Weinen angekommen und beehrt diese mit zahlreichen Auszeichnungen. Von Robert Parker, James Suckling und der bedeutensten spanischen Weinkritikerzeitschrift, Guide Peñín, gibt es für so manchen Rosé und Rosados bis zu 96 Punkte. 

Das Rioja-Weinanbaugebiet und die rosaroten Weine

Die Rosados aus einer der berühmtesten Weinanbauregionen von Rotweinen weltweit hält eine Reihe von Überraschungen für Weintrinker bereit. Das Anbaugebiet Rioja, nach dem auch die hier gekelterten Weine als "Riojas" vermarktet werden, liegt zu beiden Seite des Ebro-Flusses und erstreckt sich über drei autonom verwaltete Regionen: La Rioja, Baskenland und Navarra. Im oberen Ebro heißt die Subregion Rioja Alta, in der baskischen Provinz Álava nennt man die Subregion entsprechend Rioja Alavesa und im unteren Gebiet heißt sie Rioja Baja, beziehungswese seit der Neubenennung offiziell Rioja Oriental. Das Gesamtgebiet von circa 63.000 Hektar Größe ist äußerst vielfältig, was sowohl die Bodenbeschaffenheit als auch die klimatischen Bedingungen betrifft. Die einzelnen Weinberge liegen auf Höhen zwischen 300 und 800 m. ü. M. und sind je nach Lage mal von den Bergmassiven der Pyrenäen, mal vom Atlantik und seinen Brisen oder von den Niederungen des Ebro-Flusses dominiert. Auch die Niederschlagsmengen richten sich nach den mikroklimatischen Bedingungen, die vor allem das Gebirgsmassiv bestimmt und die Regenwolken vom übrigen Anbaugebiet abhält. Das ist der Grund, warum es im Westen des Anbaugebietes circa 500 mm pro Jahr regnet, während die weiter südöstlich liegenden Gebiete auf die Hälfte des Jahresniederschlags kommen und künstlich mit Flusswasser aus dem Ebro bewässert werden. 

So unterschiedlich die Lagen, so vielfältig der Boden der Rioja-Weinanbauregion. Als Böden kommen neben dem dominanten weißen Kalk auch rötlicher Lehm, daneben auch felsiges Terrain und Böden mit Kiesel-Sand-Einlagerungen. 

Das Rioja-Gebiet zählt zu den bedeutendsten Weinanbaugebieten der Welt und ist als Denominación de Origen (DO) und de Origen Calificada (DOCa) ausgewiesen. Es unterliegt sowohl strengen Kontrollen in Bezug auf angebaute Traubensorten und Lesemenge als auch in Bezug auf ihre Vinifizierung und ihren Ausbau. 

Die berühmteste und mit über 61 % Anteil an der Gesamtfläche die am häufigsten angebaute Rebsorte im Rioja ist die Tempranillo, gefolgt von der roten Garnacha (18 %) und der Carignan, die hier Mazuelo genannt wird (3,5 %). Daneben werden in dem Rioja-Gebiet unterschiedliche regionale, autochthone und internationale Gewächse kultiviert. Die letztgenannten sind zwar im Kommen, wozu die Syrah, Cabernet Sauvignon, Chardonnay und Merlot zählen, dennoch zeigen sich die spanischen Winzer bezüglich ihrer Weinsorten konservativ und setzten ungebrochen auf ihre traditionellen, alten Sorten wie beispielsweise die Graciano (0,7 %). 

Bei den weißen, im Rioja-Gebiet DO- und DOCa zugelassenen Sorten gab es bis 2007 nur eine kleine Auswahl, zu der allein Viura (Macabeo), Malvasía Riojana und Garnacha Blanca gehörten. Die anschließende Erweiterung der Statuten lässt die Zugelassenen auf das Dreifache anwachsen. Mit von der Partie sind zusätzlich die spanischen Sorten Tempranillo Blanco, Verdejo, Maturana Blanca und Turruntés, daneben erlaubt sich die internationalen Chardonnay und Sauvignon Blanc.

Die typischen roten "Riojas", die man gerne als Klassiker bezeichnet, können sowohl reinsortig aus der Tempranillo-Traube gekeltert sein oder als Verschnitt mit Garnacha, Mazuelo und Graciano. Dabei müssen die Winzer das zugelassene Verhältnis der Assemblage beachten, bei der über 50 % auf die Tempranillo-Traube anfallen muss. Daneben gibt es hervorragende reinsortige Mazuelo-, Garnacha-, Graciano-Weine und vereinzelt (doch immer häufiger) beste Rosés (und Rosados) aus internationalen Gewächsen.

Warum so viel über die roten und weißen Traubensorten aus dem Rioja-Gebiet reden, wenn es doch hier eigentlich über die Rosés gehen soll? Ganz einfach: Die Rosés aus dem Rioja-Anbaugebiet entstehen aus eben diesen roten und weißen Weinsorten. Der Unterschied besteht ausschließlich darin, ob die hiesigen Winzer sich für klassische Rosados oder für Rosés und Claretes entscheiden. Ja, tatsächlich handelt es sich dabei um unterschiedliche Weinsorten, auch wenn sie am Ende alle rosa im Glas schimmern.

Rosés aus Rioja – schwierige Entscheidungen zwischen Rosado, Clarete & Rosé

Ein in der Weinproduktion wenig versierter Konsument wird alle rosaroten Weine als Rosés bezeichnen und in den allermeisten Fällen damit auch richtig liegen, denn in den meisten (Fach-) Sprachen ist das Wort "Rosé" ein Sammelbegriff für Weine ebensolcher Farbgebung. Nicht so in Spanien und ganz besonders nicht in der Rioja-Anbauregion. Die spanischen Winzer sowie ihre gesetzlichen Regulierungsbehörden wie die Consejo Regulador de la Denominación Calificada Rioja unterscheiden sehr klar zwischen Rosado und Rosé. In keinen Regularien anzutreffend ist der im Volksmund jedoch sehr häufig verwendete dritte Begriff "Clarete", der gleichfalls einen Rosé-Wein bezeichnet. 

Echte Rosados sind Weine, die ausschließlich aus roten Weintrauben gewonnen werden. Die Vinifizierung der Rosados folgt zunächst dem klassischen Prozess der Rotweingewinnung. Der Hauptunterschied besteht darin, dass die Maischestandzeit, also die Zeit, in der der Saft der Beeren, das Fruchtfleisch und die Beerenschalen zusammen verbringen, stark verkürzt ist. Dabei unterscheidet man zwei Produktionsmethoden, die im Rioja-Gebiet am häufigsten Anwendung finden. Bei der ersten Methode werden rote Beerenschalen, Fruchtfleisch und Saft (die Maische also) für einige Stunden bis hin zu einigen wenigen Tagen zusammen vergoren und anschließend vorsichtig gepresst. Die nachfolgende Prozessierung des Rosados entspricht der Herstellung von Weißweinen. Sie verbleibenden Beerenschalen werden anschließen zumeist entsorgt. 

Die zweite Methode, die als "metodo sagrado" oder als das "doble pasta" Verfahren bezeichnet wird, besteht aus zwei Schritten: Bis zu 15 % des Safts, der nur für wenige Stunden mit den Beerenschalen in Berührung blieb, werden aus der Maische direkt abgezapft und anschließend wie Weißwein gekeltert. Bei diesem als "Ausblutung" (saignée) bezeichneten Verfahren kommt es zu keiner Pressung und zu keinem Gärvorgang. Der so entstehende Rosado ist ein Parallelprodukt der eigentlichen Produktion von Rioja-Rotweinen. Durch das Ausbluten erreichen die Winzer eine konzentrierte Maische für ebensolche roten Riojas, doch die blass-rosaroten Rosados etwas abfällig als "Nebenprodukte" zu bezeichnen, verkennt die Tatsache, dass gerade diese mitunter aus den besten roten Trauben entstehen. 

Als Rosés werden in Spanien Blends aus weißen und roten Weinen bezeichnet. Das Verhältnis von 70 % oder 80 % Weißwein und entsprechend geringem Anteil an Rotwein ist dabei üblich. Obwohl diese Methode des Verschnitts von Rot- und Weißweinen unter den spanischen Winzern nicht unbedingt verpönt ist, so kommt sie dennoch weitaus seltener in der Anwendung vor. Dennoch sind die Rosés keine "billigen" Mischprodukte, wie einige Konsumenten der Meinung sind und sie abfällig als "nicht Fisch, nicht Fleisch" deklarieren. Gerade die Rosés aus dem Gebiet der DOC- und DO-Rioja heimsen mitunter die besten Bewertungen von Parker, Suckling & Co. ein. Interessant in diesem Zusammenhang ist ihre volkstümliche, im Rioja-Gebiet weitverbreitete Bezeichnung als "Clarete". Der Herkunft des Begriffes hängt mit der Geschichte der Bordeaux-Weine zusammen, die ursprünglich sehr helle Rotweine waren und "Clairet" hießen. Sicherlich würde man sie heutzutage eher als Rosés durchgehen lassen. Tatsächlich fassen die Briten alle hellroten Bordeaux-Weine weiterhin unter dem Sammelbegriff "Claret" zusammen. 

Die besten rosafarbenen Riojas

Die Auswahl an Rioja-Rosados und entsprechenden Rosés ist enorm! Im Glas können sie einen blassen bis durchsichtigen Roséfarbton, einen kräftigen Rosaton oder sogar eine leichte Rotfärbung präsentieren. Die Qualität beider Weinsorten ist durchgehend gut bis – das trifft vor allem auf die Rosados zu – hervorragend. Im Rioja-Gebiet ist der Ausbau im Holz mit anschließender Flaschenalterung für viele Winzer beinahe schon ein Muss und wird besonders gerne auf die Rosados angewendet. Jungweine ohne oder mit einem nicht nennenswerten Ausbau heißen "Joven", gefolgt von "Crianza" (min. 12 Monate im Holz gelagert), "Reserva" (min. 24 Monate im Holz) und "Gran Reserva" (min. 48 Monate im Holz). Der vorgeschriebene Alterungsprozess erfordert mindestens sechs Monate Barriquelagerung. 

Eine berühmte historische Weinkellerei in Haro ist die Bodegas Muga. Seit 1932 entstehen hier nicht nur fabelhafte Rote, sondern auch herausragende Rosados und einige der besten Clarete-Weine. Der Vorzeigewein unter ihren Rosados ist der "Flor de Muga" DOCa La Rioja, bei dem stark selektierte Garnacha-Trauben nur eine sehr kurze Mazerationszeit absolvierten. Das Ergebnis ist ein blassrosa Rosado mit intensiven Aromen nach Früchten und weißen Blumen, die von feiner Würze konterkariert werden. Die drei wichtigsten Instanzen der Weinwelt, Peñín für Spanien und die internationalen Größen Parker und Suckling, vergeben an den Garnacha-Rosado regelmäßig 91 bis 94 Punkte. Wer etwas weniger tief ins Portemonnaie greifen möchte, der sollte sich für den Muga Rosado DOCa La Rioja entscheiden. Dieser "Rosado" ist eigentlich ein Clarete, ein Verschnitt aus roter Garnacha, Viura und Tempranillo, den Parker mit 92 Punkten auszeichnet.