Australiens Weinanbau spielt sich seit dem 19. Jahrhundert beinahe ausschließlich zwischen zwei geographischen Ziffern ab: dem 30. und dem 40. südlichen Breitengrad, und damit entlang der australischen Südküste von West nach Ost. Der Grund für diese geographische Einschränkung liegt in den klimatischen Bedingungen, denn nur dort sind die australischen Sommer wie Winter mild genug, um entsprechend qualitative Weine zu produzieren. Weinreben werden in Australien hauptsächlich in den Bundesstaaten New South Wales, Victoria, South Australia und partiell in Western Australia sowie in Queensland kultiviert. Tasmanien, obwohl ein historisches Weinanbaugebiet, hat sich erst in dem letzten Jahrzehnt zu einem international bekannten Cool-Climate-Weingebiet gemausert. Die berühmtesten Anbauregionen Australiens sind es bis heute Adelaide Hills, Barossa Valley, Clare Valley, Coonawarra und Hunter Valley.
Die koloniale Geschichte der australischen Weinentwicklung
Der Wein kam nach Down Under mit den weißen Siedlern und den aus Großbritannien deportierten Sträflingen, die seit 1786 regelmäßig in die Kolonie verschifft wurden. Der Bedarf nach Alkohol war in einer Straf- und Siedlerkolonie groß, so dass schon bald mit der eigenen Produktion begonnen wurde. Die ersten Weinreben importierte der Gouverneur Arthur Phillip 1788 vom Kap der Guten Hoffnung nach New South Wales, der ersten Strafkolonie Australiens. Obwohl die ersten Versuche, Kap-Reben auf seiner eigenen Cove Farm (im heutigen Sydney) nicht die erhofften Ergebnisse brachten, wurde der Weinanbau nicht aufgegeben. Siedler brachten neue Reben aus Europa und Südafrika mit, die schon bald mit Erfolg kultiviert wurden.
Das Jahr 1820 gilt als offizieller Produktionsbeginn für den heimischen Markt und ist mit dem Namen Gregory Blaxland verbunden. Blaxland immigrierte mit seiner Familie 1806 nach Sydney und investierte zunächst in Rinderzucht und Fleischhandel in St. Marys. Ein paar Jahre später kaufte er die 180 Hektar große Brush Farm in der Nähe von Eastwood (sie existiert immer noch), wo er seit 1820 Wein im größeren Stil zu produzieren begann. Blaxland gilt nicht nur als einer der ersten Weinmacher Australiens, sondern auch als der erste, der 1822 australischen Wein nach England brachte und für diesen mit der Silbermedaille von der "Royal Society of Arts" ausgezeichnet wurde. 1827 folgte die Goldmedaille. Auch seine Reben stammten vom Kap der Guten Hoffnung, ihm war allerdings gelungen, einen Klon zu züchten, der weniger gegen Fäulnis anfällig war.
Es ist weitestgehend in Vergessenheit geraten, dass in Tasmanien bereits 1823 erfolgreich mit dem Weinanbau begonnen wurde und dass es tasmanische Reben waren, die in Victoria und South Australia den Grundstock für den nachfolgenden Weinanbau lieferten. Als dritte historische Region ist Perth in Western Australia zu nennen. Hier gründete der Botaniker Thomas Waters, der seine Reben aus Europa mitbrachte, im Jahr 1830 die Olive Farm, die heute zu den ältesten Weinbetrieben Australiens zählt. Bereits 1830 war das Hunter Valley nördlich von Sydney – bis heute einer der besten Weingegenden Australiens – als Weinberg angelegt.
Den nächsten weingeschichtlichen Meilenstein Australiens legte 1833 James Busby – einer der wichtigsten Pioniere australischer Weinkultur –, der 600 verschiedene Varietäten aus Frankreich und Spanien brachte, wovon über 300 erfolgreich im australischen Boden Fuß fassen konnten.
In den folgenden Jahrzehnten stieg die Qualität der australischen Weinprodukte stetig, was dem Zuzug freier Siedler aus verschiedenen Teilen Europas zu verdanken war. Deutsche, Holländer, Belgier, Franzosen, Italiener waren es, die ein profundes Wissen um die Vinifizierung mit sich brachten, die Qualität der Standorte besser einschätzen und dementsprechend bessere Weinberge anlegen konnten. Auf diese Weise entstanden weitere Weinregionen wie beispielsweise Adelaide Hills, von deren Weinen 1844 eine Probe an die Königin Victoria geschickt wurde. 1844 ist auch das Jahr, in dem das berühmteste Weingut Australiens von der aus England eingewanderten Arztfamilie Penfold in Magill nahe bei Adelaide Hills gegründet wurde.
Das herausragende Barossa Valley in South Australia entstand in den 1840er Jahren, als deutsche Einwanderer das Land aufkauften und es sukzessive in Weinberge umwandelten. 1842 brachten Lutheraner ihre ersten Reben mit. Erfolgreich wurden die deutschen Winzer mit Johann Grampp, der aus Aiching (Kulmbach) nach Barossa Valley einwanderte, sich 1847 in Lage Jacob’s Creek niederließ und das Land mit eigenen 'deutschen' Reben bestockte. Seine erste Lese führte 1850 zu erstaunlichen 144 Weinflaschen und sicherte ihm einen Platz in der Weingeschichte Australiens. Die Weinregion Geelong im Bundesstaat Victoria wiederum geht zurück auf Winzer aus der Schweiz, die hier 1842 einwanderten.
Australiens Pionier-Winzer waren immer mehr versucht, "europäische Weine" auf höherem Niveau zu vinifizieren, nicht zuletzt um einen entsprechenden Absatzmarkt zu gewinnen und mit europäischen Weinerzeugnissen in anderen Ländern mithalten zu können. Bereits zum frühen Zeitpunkt setzten die Australier auf Chardonnay, Shiraz, Cabernet Sauvignon und Riesling.
Als Beweis für die bereits hohe Qualität der australischen Weine am Ende des 19. Jahrhundert werden gerne die internationalen Weinausstellungen in Paris, Bordeaux und Wien herangezogen. Den Auftakt machte 1873 ein aus Victoria stammender Wein, der auf der Weinausstellung in Wien blindverkostet und von den Weinrichtern als Top-Kandidat auserkoren wurde. Die aus Franzosen bestehende Jury nahm ihre Bewertung jedoch zurück, als sie erfuhr, dass der Wein aus der Neuen Welt stammte.
Den Vormarsch der Australier auf dem internationalen Weinparket konnte diese Episode nicht stoppen: Australische Weine gewannen hohe Anerkennung und Goldmedaillen auf den beiden Pariser Ausstellungen von 1878, bei der erneut ein aus Victoria stammender Shiraz (Syrah) sogar mit einem Château Margaux verglichen wurde, und von 1889, wo erneut ein australischer Wein eine Goldmedaille ergatterte. Auch auf der Internationalen Ausstellung von Bordeaux im Jahr 1882 bekam ein australischer Wein die Goldmedaille "Erster Klasse".
Diesen stetigen Flug nach oben bremste die Reblaus-Epidemie, die den australischen Kontinent, wenn auch nicht in allen weinanbauenden Regionen, erreichte. Danach sank die Qualität der Weine, gleichzeitig produzierten die australischen Winzer in Massen, so dass in den 1920er Jahren der Export nach Europa einbrach, da man keine Abnehmer für die schwache Qualität fand. Einen echten Boom erreichten australische Weine erst in den 1980er Jahren als man in Europa fruchtbetonte, kondensierte und körperliche Weine für sich entdeckte.
Zehn Jahre später veränderte sich die Situation erneut. Nun war das, wofür man die australischen Weine noch lobte, ein Grund geworden, sie zu kritisieren. Zu fruchtig, zu stark, zu holzig, zu gleichbleibend in der Machart, zu "marmeladig", lautete die Fachkritik, die sich bald in Europa durchsetzt. Der veränderte Geschmack der europäischen Weintrinker zwang die australische Weinbranche nur partiell zum Umdenken. Mittlerweile (oder wieder) kommen herausragende Rotweine "made in Australia" auf den Markt, die auf Weltniveau mitspielen. Ehrlicherweise muss man jedoch gestehen, dass die meisten Megaunternehmen Australiens ihre Strategie nur bedingt verändert haben. Das liegt zum einen an den neuen Absatzmerkten in Asien, die die fehlende Kundschaft in Europa wettmachen, zum anderen an den klimatischen Bedingungen, als auch an den lockeren Weingesetzen des Landes selbst.
Matt Kremer – einer der interessantesten Weinkritikern aus den USA, der seit 1985 für das renommierte Magazin "Wine Spectator" schreibt – zählt die australischen Winemaker im globalen Kontext der Weinentwicklung zu den stärksten Influencern. Und tatsächlich ist die önologische Entwicklung in Down Under innovativer als in manchem europäischen Kernland des Weins.
Spezielle Klimabedingungen und die Down-Under-Weine
Die Anbaugebiete der australischen Weine ziehen sich wie ein schmales, von Lücken unterbrochenes Band von der Südwestspitze in Western Australia, über kleinere Gebiete um Adelaide in South Australia und Victoria, bis hin zu New South Wales, das die meisten Anbaugebiete vorweisen kann. Der Südküste vorgelagert liegt die große Insel Tasmanien, wo gleicherweise Wein angebaut wird.
Diese Verteilung der Weingebiete richtet sich nach den klimatischen Bedingungen und das heißt nach möglichst milden Sommern und ausgeglichenen Wintern. Man spricht häufig vom mediterranen Klima der südaustralischen Weinregionen, doch dieser Vergleich mit der Mittelmeerregion ist zu pauschal. Tendenziell sind die meisten unter Reben stehenden Regionen Australiens heiß und von Dürren bedroht. Sommerliche Temperaturen liegen im Durchschnitt zwischen 30° und 40° C und durch den Klimawandel verursachte Erwärmung lässt die Temperaturen weiter ansteigen.
Mikroklimatische Bedingungen, so zu sagen Nischen in größeren Zusammenhängen von heißen Gegenden, sind die Cool-Climate-Regionen, die höher gelegen sind, wie beispielsweise das Eden Valley und Adelaide Hills. Auch rund um Melbourne und auf der Mornington Peninsula mit Blick auf Tasmanien, das selbst ein hervorragendes Cool-Climate-Gebiet ist, findet man endsprechend gute Wachstumsbedingungen vor allem für Chardonnay, Pinot Noir und Pinot Gris.
Das große klimatische Manko fast aller australischen Weinanbaugebiete jenseits der ausgewiesenen Cool-Climates ist der vorherrschende Wassermangel, der dem Betreiben von Monokulturen – und der Rebanbau ist eine solche – zuwiderläuft. Um die Produktionen in der angestrebten Qualität und im gleichbleibenden Stil aufrechterhalten zu können, greifen die australischen Winzer auf künstliche Bewässerung zurück. Ein Liter Wein benötigt zwischen 600 und 1.000 Liter Wasser! Umweltbewusste Australier wollen nicht ihre kostbare Ressource für eine Weinbranche freigeben, die Weine in Massen herstellt, welche unter dem Preis von Mineralwasser verkauft werden. Wie dringend ein Umdenken notwendig ist, zeigten zuletzt die 2019 in Südaustralien erreichten Temperaturen von 50° C im Schatten.
Die Anbauregionen Südaustraliens
Western Australia hat neun ausgewiesene Weinregionen und Subregionen, wovon Swan Valley und Margaret River als die besten gelten:
• Blackwood Valley
• Geographe
• Great Southern
• Margaret River
• Manjimup
• Peel
• Pemberton
• Perth Hills
• Swan Valley
South Australia trumpft mit den berühmtesten Weinregionen auf, zu denen Barossa Valley, Coonawarra, McLaren Vale, Adelaide Hills und Clare Valley gehören. Sie kommt auf insgesamt 18 Regionen:
• Adelaide Hills
• Adelaide Plains
• Barossa Valley
• Clare Valley
• Coonawarra
• Currency Creek
• Eden Valley
• Kangaroo Island
• Langhorne Creek
• McLaren Vale
• Mount Benson
• Mount Gambier
• Padthaway
• Riverland
• Robe
• Southern Flinders Ranges
• South Eastern Australia
• Wrattonbully
Victoria ist der kleinste Bundesstaat Australiens und hat mit 19 Regionen im Verhältnis gesehen die meisten Weinberge, worunter sich die bestdotierten Yarra Valley und Mornington Peninsula befinden:
• Alpine Valleys
• Beechworth
• Bendigo
• Central Victorian Mountain Country
• Geelong Goulburn Valley
• Grampians
• Heathcote Wine Region
• Henty
• King Valley
• Macedon Ranges
• Mornington Peninsula
• Murray Darling
• Pyrenees
• Rutherglen
• Stathbogie Ranges
• Sunbury
• Swan Hill
• Yarra Valley
New South Wales ist ähnlich stark mit seinen 13 zum Teil großflächigen Weinanbauregionen und darunter den besten Hunter Valley, Mudgee und Orange:
• Canberra District
• Cowra
• Gundagai
• Hasting River
• Hilltops
• Hunter Valley
• Mudgee
• Orange
• Pericoota
• Riverina
• Shoalhaven Coast
• Southern Highlands
• Tumbarumba
Tasmanien, das eigentlich zum Bundesstaat Victoria gehört, ist ein historisches Weinland, bereits 1932 bestockt, das aber bis vor zehn Jahren in Vergessenheit geriet. Die große Insel zählt zu den Cool-Climates und kommt auf sieben Regionen, in denen hervorragende Qualitätsweine aus Chardonnay und Pinot Noir entstehen:
• Coal River
• Derwent Valley
• East Coast
• North West
• Pipers River
• Southern
• Tamar Valley
Es hört sich unwahrscheinlich an, dass im weitestgehend subtropischen und versteppten Bundesstaat Queensland gleichfalls Wein angebaut wird. Doch das ist keine neue Modeerscheinung. Der Weinanbau in Queensland findet nur auf einem kleinen klimatisch gemäßigten Ausläufer in direkter Nachbarschaft zu New South Wales statt:
• Granite Belt
Die Weinsorten Australiens und ihre Marktbedeutung
Gleich vorweg: Australien hat keine eigene autochthone Rebsorte. Alle australischen 'Ur-Reben' sind aus Europa und Südafrikas Kap-Region eingeschifft worden.
In den südaustralischen Anbaugebieten würden am besten Weinsorten gedeihen, die mit weniger Wasser und höheren Temperaturen klarkommen, doch man hat sich in Australien schon früh vor allem auf "französische Gewächse" festgelegt, die zum Teil wasserliebend sind. Gute klimatische Bedingungen für diese wasserintensiven Sorten bieten, man kann sich schon denken, die Cool-Climate-Regionen.
Die berühmteste und beliebteste Weinrebe Australiens ist die Syrah, die hier Shiraz genannt wird und die Kaiserin der australischen Rotweine ist. Ihr Pendent unter den Weißweinen ist die Chardonnay-Weinrebe. Sie belegen im Marktranking unter den australischen Weinen die Plätze eins und zwei. In Zahlen ausgedrückt sind es 25 %, die Shiraz in der gesamten australischen Weinanbaufläche für sich beansprucht, und 18,5 % für die Chardonnay. Das waren im Jahr 2020 umgerechnet 376.000 Tonnen Shiraz und 285.000 Tonnen Chardonnay.
Die Nummer drei ist die Cabernet Sauvignon mit 16,1 % Flächenbeteiligung und an vierter Stelle die Merlot, die mit 6 % der Gesamtbestockung deutlich dahinter bleibt. Es verwundert vielleicht den einen oder anderen Weintrinker, der mit Australien nur Shiraz-Rotweine assoziiert, zu erfahren, dass die Plätze von fünf bis acht und von zehn bis zwölf von Weißweinsorten belegt sind: Sémillon, Thompson Seedless (Sultana), Sauvignon Blanc, Riesling und Colombard, Muscat Gordo Blanco (Muscat d’Alexandrie) und Pinot Gris (Grauburgunder). Allerdings stellen die Letztgenannten mit ihren kaum mehr als 1,5 % im Gesamtanbau der australischen Weine relativ geringe Produktionen dar. Auf Platz neun steht der Pinot Noir (Spätburgunder), der 2,5 % der Weingesamtanbaufläche beansprucht.
Im Jahr 2019 waren im australischen Weinanbaugebiet insgesamt 146.244 Hektar mit circa 300 verschiedene Varietäten bestockt, wovon entfielen 55 % auf Rotweinsorten (und Rosé) und 45 % auf weiße Weinsorten.
Keine Crus dafür aber Stil
Australische Winzer haben es nicht so sehr mit dem französischen und von vielen europäischen Weinländern übernommenen Bezeichnungssystem, das herausragende Weinberge als "Grand Cru" und "Cru" aus dem Gros der Weinareale heraushebt. Auf Australiens Weinetiketten prangen stattdessen die Namen der Region, der Subregion oder die Bezeichnung "Multiregion". Dahinter verbirgt sich eine australische Besonderheit, denn hiermit werden Weine gekennzeichnet, die aus Trauben teils weit auseinanderliegender Weinregionen zu Cuvées und manches Mal auch zu Reinweinen verarbeitet wurden. Es wäre falsch, die australischen Klassifizierungen eins zu eins auf die Qualität des jeweiligen Flaschenweins zu übertragen. Tatsächlich erreichen die multiregionalen Weine hohe Prämierungen und zählen mitunter zu den besten Weinen des Kontinents.
Australiens Winemaker orientieren sich weniger an bestimmten Boden- und Klimaeigenschaften und schwören dementsprechend nicht auf das, was man in Europa gerne unter "Terroir" (Lage, Boden, Mikroklima, Rebsorte) zusammenfasst. Die Australier haben vielmehr eine stilistische Idee vom Wein. Hierbei stehen die Traubensorte, die Vinifizierung und die Assemblage im Vordergrund. Angestrebt wird somit ein Stil, den die australischen Önologen gerne über die Jahrgangsunterschiede hinweg möglichst gleichbleibend halten und somit eine sehr hohe Stabilität und Wiedererkennbarkeit der Weine bieten.
Die australische Weinetikettierung beinhaltet neben der Angabe der Anbauregion auch die Informationen zur Ausbaumethode. Dabei steht "unwooded" für Weine ohne Holzausbau, "wood matured" und "barrel fermented" für Weine, die in Eichenfässern ausgebaut wurden. Seit 2001 gibt es auf den australischen Weinflaschen auch die Bezeichnung "Geographical Indications", kurz: GI. Diese GI-Zonen sind in 40 "states" (Subzonen) gegliedert und diese wiederum in 70 "regions", welche manchmal auch in weitere "subregions" aufgeteilt sind.
Eine weitere Besonderheit des australischen Weinmarktes ist die Etikettierung "Cleanskin", die im Jahr 2000 eingeführt wurde. Darunter werden Weine im niedrigen bis sehr niedrigen Preissegment verkauft. Die Weine dürfen nicht mit Region oder Weingut gelabelt werden, sondern nur mit der Rebsorte und dem Jahr der Abfüllung. Die Qualität dieser Weine geht sehr stark auseinander, denn hinter dem Label verstecken sich sowohl Massenerzeugnisse, die von Anfang an für "Clearskin" vinifiziert wurden, als auch Qualitätsweine, die aus wirtschaftlich-strategischen Gründen aber umetikettiert wurden. Es heißt, gerade diese Umetikettierung von Qualitätsweinen hat zu einem enormen Anstieg des Weinkonsums in Australien beigetragen, zumal die Cleanskin-Weine zeitweise unter die Preise von Mineralwasser (oder Bier) fallen. Der Name "Clearskin" kommt übrigens aus der Rinderzucht. Dort bezeichnet man jene Rinder als "saubere Haut", die ohne Markierungszeichen sind (salopp auch für verdeckt arbeitende Polizeibeamte).
Der australische Stil: Tauziehen zwischen Liebhabern und Kritikern
Die australische Weinproduktion ist vielfältiger als vom Ausland betrachtet es den Eindruck macht. Das ist den zahlreichen kleinen Winzern zu verdanken, doch die meisten ihrer "hand made" Weine kann man nur in Australien verkosten. Dennoch ist es nicht falsch von einem "australischen Weinstil" zu sprechen, insbesondere wenn man die Rotweine des Kontinents damit meint. Der Stil der australischen Roten zeichnet sich durch eine beachtliche Fruchtfülle, wenig Säure und eine cremige Textur aus, die an die Weine aus Kalifornien erinnert. Auch die Holznoten spielen dabei eine große Rolle. Werden die Weine jedoch auf höchster Qualitätsstufe vinifiziert, so erinnern sie an die Kraftpakete aus dem Bordeaux.
Die Käufer australischer Weine mögen ihre Zuverlässigkeit, den "smooth" und das Körperbetonte. Kritiker sprechen gleichzeitig von "marmeladigem Stil" und von einer auf Gleichheit ausgerichteten Massenproduktion. Zu viel Holz, zu viel Alkohol, zu viel Sonne und zu viel gewollten Einheitsstil. Diese kritische Rundumbewertung hatte sicherlich lange Zeit seine Berechtigung gehabt. In den letzten 15 Jahren hat sich jedoch der Stil vieler australischer Qualitätsweingüter verändert, ist schlanker und vielschichtiger geworden. Gerade die australischen Weißweine treffen immer mehr den modernen Geschmack der Weintrinker, der auf "handwerkliche" Weine setzt. Die meisten australischen Rotweinproduzenten haben jedoch ihre Probleme, den vollkörperlichen, fruchtigen Stil ihrer Weine zu ändern, doch auch hier ist eine Tendenz zu weniger Wucht auszumachen.
Dass sich der Stil der australischen Weine ändert, bekommt man in Deutschland nur zögerlich mit, denn die Machart ihrer Weinerzeugnisse ändern vor allem die kleinen, engagierten und experimentierfreudigen Winemaker. Ihre Weine finden den Weg höchstens noch nach Großbritannien, doch das wird sich sicherlich bald ändern. Dass das Umdenken auch die renommiertesten Estates erreicht, sieht man beispielsweise an Penfolds "Koonunga Hills", einem Chardonnay, der bisher sehr buttrig und holzdominant war, jetzt aber verschlankt und komplexer daherkommt.
Top-Weingüter Australiens und ihre internationalen Flaggschiffe
Australiens Weinlandschaft bilden circa 2.000 Weinhersteller ab. Bei den meisten handelt es sich um kleine Weingüter, doch der Weinmarkt, der sich in internationalen Supermarktregalen widerspiegelt, wird von einer Handvoll Megaunternehmen beherrscht wie zum Beispiel Casella aus Yenda (NSW) oder Berri Estates aus Glossop (SA).
Auf der anderen Seite macht Australien von sich sprechen mit so herausragenden Weingütern wie dem 1844 gegründeten Wine Estate Penfold's, das zu den besten Weingütern auf internationalem Ranking ist. Bei Penfold's entsteht der weltberühmte "Grange", der seit den 1950er Jahren auf dem Markt ist und ursprünglich "Grange Hermitage" hieß. Legendär sind seine großen Jahrgänge 1955, 1962 (beide mit über 50 Goldmedaillen), 1971 (erster Preis bei der Weinolympiade von Paris), 1990 (das Magazin "Wine Spectator" kürt diesen zum "Rotwein des Jahres 1995") und der phänomenale 1998er Jahrgang. "Grange" 1998 machte mit den begehrten 99-Punkten des Wein Papstes Robert Parker Furore. Es heißt, Penfold's "Grange" habe den "[…] Bordeaux Pétrus als den exotischsten und konzentriertesten Wein der Welt ersetzt". In der Weinbibel des Weinkritikers Hugh Johnson wird der Penfold's "Grange" als der einzige "First Growth" der südlichen Hemisphäre bezeichnet. Penfold's hat darüber hinaus noch weitere herausragende Weine im Portfolio wie beispielsweise den "St. Henri Shiraz" oder seine "BIN"-Reihe.
Ein weiteres bedeutendes Weingut des Kontinents ist Henschke mit seinem Shiraz-Kultwein "Hill of Grace". Anders als Penfold's "Grange", der aus Shiraz- und etwas Cabernet-Sauvignon-Trauben aus verschiedenen Weinbergen und Anbaugebieten assembliert, ist der "Hill of Grace" ein Shiraz-Lagenwein aus dem kleinen (4 h) Weinberg im Eden Valley, wo 130-jährige Reben wachsen. Weitere international bekannte Weingüter und ihre Weine sind: Clarendon Hills mit "Australis", D'Arenberg mit "Dead Arm" und Torbreck mit "Run Rig". Einer der Großen unter den Weißweinen Australiens ist der "Chardonnay Art Series" von Leeuwin Estate, ein Weingut vom Margaret River in Western Australia. Weitere Top-Weingüter aus Down Under sind Peter Lehmann, Lindemans, Logan, Sandalford und einer der besten: Wolf Blass.
Der ganz große Schritt nach oben: australische Weine im nationalen und internationalen Marktkontext
Seit den 1980er Jahren ist es verbrieft: Die australischen Weine haben Jahr für Jahr eine deutliche Tendenz nach oben zu verbuchen. Das betrifft zunächst die Höhe der Exporte, spiegelt gleichwohl aber die hohe Kundennachfrage und die steigende und in sich konstante Qualität der australischen Weinerzeugnisse. Um auf dem Weltmarkt im obersten Segment bestehen zu können, muss auch das Preis-Leistungs-Verhältnis entsprechend ausgewogen sein, was bei den australischen Weinen fast immer der Fall ist.
Australien stand 2001 weltweit betrachtet auf der sechsten Stelle der Weinexportländer mit 9. Mill. Hektorliter. Neben Nordamerika und Großbritannien sind seine größten Abnehmerländer China und Indien. Während im Jahr 1990 noch ganze 578.000 Kisten in die USA gingen, waren es im Jahr 2004 bereits 20.000.000! Ein bemerkenswertes Jahr für die australischen Weinexporteure war das Millenniumjahr, in dem Australien zum ersten Mal mehr Weine nach Großbritannien als der Dauerrenner Frankreich verschickte.
Wie bei allen großen Weinproduktionsländern unterliegt auch Australien Zeiten der Überproduktion und der damit verbundenen Qualitätsminderung und dem Preisverfall. In den 1990er Jahren bot die Regierung den Winzern einen finanziellen Ausgleich an, wenn sie Teile ihrer Weinberge planierten. Im Jahr 2000 erließ die Regierung das "Cleanskin"-Gesetz, um damit der wahren Flut an Wein Herr zu werden.
Australische Weine in Zeiten der Buschbrände und der Ressourcenknappheit
Der australischen Weinbranche bereiten die gehäuft vorkommenden großen Busch- und Waldbrände große Sorgen. Im sogenannten "Black Summer" von 2019/2020 wurden viele Weinanbaugebiete wenn nicht vom Feuer so dann vom Rauch stark beschädigen, da die Weintrauben den rauchigen Geruch und Geschmack annahmen. Genaugenommen produzierten die Weintrauben während der Vinifizierung den 'Stinkgeruch' selbst. Das beginnt damit, dass die Glykosyltransferasen in der Pflanze dafür zuständig sind, schädliche Stoffe an Zuckermoleküle dranzuhängen, so dass diese dann fest und unschädlich sind. Bei der Ausscheidung aus der Pflanze – wie das bei der Vinifizierung der Fall ist – werden sie wieder abgebunden. Und genau das ist das Problem der Winzer, die zunächst gar keine Ahnung davon haben, wieweit ihr Weinberg von der Rauchentwicklung der Waldbrände betroffen ist – bis sie den Wein gemacht haben! Die historische Weinregion Adelaide Hills war sogar zu 30 % davon betroffen und kein Einzelfall. Innovative Weinmacher überlegen für die Zukunft, Sorten zu züchten, die mehr Zucker anbinden, um so den Rauchgeschmack, der durch die Abspaltung von Zuckermolekülen im Wein entsteht, entgegenzuwirken. Auch neugezüchtete Hefen, die die zuckergebundenen Rauchmoleküle nicht abspalten, könnten eine Lösung des Rauchproblems sein. Helfen soll auch, wenn die Winzer die Trauben nicht zum Platzen bringen und sie bei 10 °C statt bei 22 oder 25 °C vinifizieren. Einige experimentell freudige Winzer 'arbeiten' sogar mit dem rauchigen Geschmack. Vor dem Hintergrund der knappen Ressource Wasser betrachtet, wird sich die Weinlandschaft Australiens in vielerlei Hinsicht in den nächsten Jahren ändern (müssen).