Der Autor Ian d’Agata sieht in seinem Buch „Native Wine Grapes of Italy“ die Aglianico neben Nebbiolo und Sangiovese unter den drei besten Sorten Italiens. Er geht sogar so weit, sie unter den zwölf besten Rebsorten der Welt zu verorten. Die besten Aglianicos kommen aus Taurasi in Kampanien sowie von den vulkanischen Hängen des Monte Vulture in der Basilikata. Anpflanzungen in Argentinien und Kalifornien, die italienische Auswanderer in die Neue Welt brachten, sind zu vernachlässigen.
Auf der Suche nach den Wurzeln
Die Suche nach den Ursprüngen der Sorte ist wie bei so vielen Rebsorten eine echte Detektivgeschichte – oft mit offenem Ausgang. Die meisten Fachleute gehen davon aus, dass die Aglianico als vitis hellenica vor etwa 2.500 Jahren von den Griechen nach Süditalien gelangte – zuerst nach Kampanien und von dort in die Basilikata und nach Apulien. Andere argumentieren, dass ältere Dokumente auf einen Ursprung in Spanien hinweisen. Die Aragonier regierten im 15. und 16. Jahrhundert im Süden des Landes sowie auf Sizilien. Verwandtschaftliche Beziehungen zu griechischen Rebsorten konnten zudem genetisch noch nicht nachgewiesen werden. Die Geschichte hat also weiterhin ein offenes Ende.
Barolo des Südens
Die Vorliebe der Aglianico für vulkanische und tiefgründige Böden lässt sie an den Hängen des Monte Vulture in der Basilikata perfekt gedeihen. Die Sorte ist erst spät reif, gegen Ende Oktober oder Anfang November. So steckt die Sonne eines langen mediterranen Sommers in den Weinen. Das Spannende ist dabei, dass marmeladige Aromen trotzdem im Hintergrund bleiben und die Weine viel frische Frucht mitbringen. Der Vergleich mit Nebbiolo wird häufig herangezogen, was ihr den Spitznamen „Barolo des Südens“ einbrachte. Es mag jedoch sein, dass dies eine Erfindung des Marketings ist. Neben dem DOC Aglianico del Vulture sind Aglianico del Taburno, die Region um Paestum, Taurasi in Kampanien und Molise als Anbaugebiete mit hervorragenden Qualitäten zu nennen. Im Taurasi sind nach italienischem Weingesetz viele weitere Rebsorten erlaubt, trotzdem schwören die meisten Winzer auf die Aglianico und bauen den Wein reinsortig aus.
Der hohe Gerbstoffgehalt des Aglianico macht eine lange Lagerung im Fass und in der Flasche obligatorisch, um gute Qualitäten zu erzeugen. Gleichzeitig wird so die Säure im Zaum gehalten. Die Weine sind tief dunkelrot bis violett. Dominante Aromen sind Pflaume, dunkle Waldbeeren, Schokolade, Konfitüre, Gewürze und mediterrane Kräuter. Sehr zum Wohlgefallen von Wein-Aficionados, die das Besondere suchen, haben gute Aglianico einen ganz eigenen Charakter und sind weit davon entfernt, Trendweine zu werden. Sie sind zuweilen kantig und das ist auch genau so gewollt.
Unsere Empfehlung ist das Weingut Mastroberardino. Das Familienunternehmen unter der Leitung Piero Mastroberardinos präsentiert sowohl „kantig“ Charakterweine als auch fruchtbetonte, moderne Taurasi. Ein zweiter Tipp ist der Terre degli Svevi von Re Manfredi – komplex, tiefgründig, mit einem Hauch von Menthol und gleichzeitig mit frischer Frucht und viel Tiefgang.