Gehen wir zurück ins 14. Jahrhundert. Wir befinden uns im Bordeaux. Die Rebsorte Crabatut noir wird erstmals erwähnt, bei der es sich um die heutige Merlot-Rebe handeln soll. Die Sorte fand zu dieser Zeit jedoch wenig Beachtung. Spätestens seit dem 18. Jahrhundert taucht die Rebe unter dem Namen Merlot in Standardwerken der Ampelografie auf. Woher der Name stammt, blieb bisher unklar – vom französischen Wort merle für Amsel oder als Anspielung auf die bläulich schwarze Farbe der Beeren? Im 19. Jahrhundert findet Merlot in Italien, genauer gesagt im Veneto, erstmals Erwähnung. Damals noch unter dem Namen Bordò, was auf den Ursprung im Bordeaux-Gebiet verweist. Dort wachsen die besten Merlots am rechten Ufer der Gironde.
Von Grand Cru Classés und Supertoskanern
Heute ist Merlot nach Cabernet Sauvignon die Nummer zwei auf der Rangliste der am meisten angebauten Rebsorten weltweit. Bevorzugt wird Merlot in wärmeren Regionen angepflanzt, denn die frühen Triebe der Rebe sind sehr frostempfindlich. Dennoch finden wir den Merlot auch in kühleren Regionen im Norden Italiens wie in Venetien, denn die Sorte ist früh reif, sodass die Lese vor den nassen und kalten Herbstmonaten stattfinden kann. Die Rebe ist besonders wuchsstark, was sie für Massenproduktionen prädestiniert. Jedoch sind die Weine in diesem Falle eher flach und nichtssagend. Durch strickte Reduzierung der Erträge lassen sich aus Merlot dennoch Spitzenweine erzeugen, die zu den besten der Welt zählen. In Italien findet die Traube in der Toskana die besten Bedingungen. Unter den sogenannten Supertoskanern ist der Merlot einer der Hauptakteure. Ein Masseto der Tenuta dell'Ornellaia kann es locker mit einem Château Pétrus aus dem Pomerol aufnehmen.
Frucht, Frucht, Frucht und unglaublich zart
Der Merlot ist einer der beliebtesten Cuvéepartner weltweit. Das bordelaiser Traumpaar Cabernet Sauvignon und Merlot treffen wir auf dem gesamten Weinglobus wieder, so auch in Italien. In der Toskana begegnen wir der Merlottraube in Cuvées mit Sangiovese. Merlot verleiht tanninreichen Weinen eine gewisse Samtigkeit und viel Frucht. Bereits kleine Beimengungen von Merlot in einer Cuvée machen den Wein früher zugänglich, was dem internationalen Weingeschmack entgegenkommt. Charakteristisch für Merlot sind Aromen von Roten Johannisbeeren, Brombeeren, reifen Pflaumen sowie Kräuternoten, die bei zunehmendem Alter deutlicher in den Vordergrund treten, während die Fruchtnoten zurücktreten. Besonders beim Ausbau im Eichenfass ist dies der Fall. Im Barrique gelagerte Merlots bekommen zusätzlich Aromen von Süßholz, Schokolade und dunkler Konfitüre.
Durch die milden Tannine und die Betonung auf Fruchtigkeit passen junge Merlots ausgezeichnet zu italienischer Alltagsküche wie Pizza, Pasta und Aufläufen. Holzfassgelagerte Merlots sind perfekte Begleiter zu Schmorbraten, gegrilltem roten Fleisch, zu Ente oder zu Wild mit süßen Beilagen.