Thierry Allemand

Thiérry Allemand – Die rarsten Unikate unter den Rhône-Weinen

Formidable! – diesen Ausruf hört der Winzer Thiérry Allemand sicherlich ständig, wenn Weinliebhaber seine kleine Domaine besuchen. Thiérry Allemand ist ein Winzer, der sich auf eine der schwierigsten Weinanbaulagen Frankreichs eingelassen hat und dort für hervorragende Weinergebnisse sorgt. Die Rede ist von der seit 1938 geschützten Appellation Cornas in nördlichen Weinbaugebiet der Rhône, die durch ihre extremen Steillagen berühmt-berüchtigt ist. Hier arbeiten die Winzer teils auf Steilhängen, teils auf engen Terrassen und eher wie Bergsteiger auf steilen Passagen denn wie Winzer im Feld.

Die deutsche Bezeichnung "Weinberg" trifft hier den Nagel auf den Kopf. Dieser extrem anstrengenden Lese geht eine nicht minder elaborierte und schwierige Weinbergpflege voraus. Nun mag man sich zurecht fragen, warum lassen sich Winzer auf eine solche Arbeit ein? Die Antwort liegt, wie sollte es anders sein, in der besonderen Qualität der Trauben! Thiérry Allemand ist ein Perfektionist, ein Purist, ein vigneron traditionelle par excellence – und eine Kultfigur in Einem.

Auf Thiérry Allemands Weinbergen reifen ausschließlich Syrah-Trauben an bis zu 90-jährigen Reben. Diese Weine sind mineralisch, fett und komplex auf eine herausragend rare Weise, die Laien wie Profis gleicherweise begeistern können. Aber Achtung! Diese Thiérry-Allemand-Weine sind nichts für Schnelltrinker – sie brauchen immer ein paar Jahre, um ihr Können zu entfalten. Am besten daher gleich zwei (oder mehr) Flaschen kaufen und paar Jährchen abwarten, während man die erste Flasche aus Ungeduld doch schon eher öffnet – und genießt! Dass diese Schätze, die ein Händler nur sehr schwer ergattern kann, ihren Preis haben, verwundert (leider) nicht.

Thiérry Allemand, eine "domaine extraordinaire"

Die Domaine Thiérry Allemand ist ein wahrlich extraordinäres Weingut, das in der Appellation Cornas liegt. Die Appellation beschränkt sich ausschließlich auf die Gemeinde der kleinen Ortes Cornas am linken Ufer der Rhône im Département Ardèche. Die 6 Hektar kleinen Weinberge der Domaine Thiérry Allemand – benannt nach seinem Gründer und heutigem Winzer (Stand 2022) – bestehen aus schwierigen Hanglagen, die nicht nur eine erschwerte Lese nach sich ziehen. Extraordinaire ist hier auch die Bodenbeschaffenheit, die bekanntlich neben der geographischen Lage das A und O des Weinanbaus ist. Denn hier müssen sich die Reben zum Teil durch Granituntergrund regelrecht durchbohren. In der Appellation, die seit 1938 die geschützte Bezeichnung Appellation d’Origine Contrôlée (AOC) trägt, sind nur Syrah-Rebsorten zugelassen.

Die Domaine Thiérry Allemand nennt zwei Lagen, hier "clima" genannt, ihr Eigen: die gemäßigtere, kalksteinbodendominante, leicht lehmige "Chaillots" nordwestlich von Cornas und die herbere, granitdominante "Reynard" im Westen von Cornas. Während bei der erstgenannten die Reben unter 40 Jahre alt sind, erreichen die Reben der zweiten fast schon selbst ein Steinalter von über 90 Jahren. Die schwierigen Einzellagen der Reynard zählen zu den allerbesten, was die Appellation zu bieten hat. Wie man sich denken kann, sind die Erträge hier besonders niedrig – sie liegen bei 20/30 Hektorlitern pro Hektar – jedoch umso herausragender.

Angesichts sowohl der geographischen Extremsituation als auch der geologischen Besonderheiten liegt es auf der Hand, dass hier naturnah gearbeitet wird. Thiérry Allemand setzt noch ein i-Tüpfelchen auf seine sowieso hochgradig qualitätsbewusste Produktion und bewirtschaftet seine Domaine biodynamisch mit Zertifizierung. Seit über 30 Jahren wirtschaftet Thiérry Allemand naturnah, ökologisch und heutzutage biodynamisch. Keine Pestizide oder Herbizide, keine künstlichen Dünger, keine Traktoren, keine Eingriffe, die den Boden oder die Pflanzen in ihrer Natürlichkeit (abgesehen vom Zuschnitt) beeinträchtigen könnten. Der Winzer ist davon überzeugt, dass der langanhaltenden natürliche Weinbergbearbeitung dazu geführt hat, dass seine Weine in den letzten Jahrzehnten an Eleganz und Körper dazugewonnen haben.

Der persönliche Perfektionismus Thiérrys findet seinen perfekten Boden in den schwierigen climats (Kleinstlagen), die eine Arbeit mit kleinen Handpflügen erforderlich machen. Für diese speziellen Lagen lässt Thérry Allemand die Pflugschilder extra anfertigen und das heißt sowohl designen als auch schweißen!

Thiérry Allemands Arbeit im Weinkeller kann man als "klassisch" und "traditionell" bezeichnen, tatsächlich paart sich hier Moderne mit der Tradition auf beste, nämlich vorsichtige und der Qualität geschuldete Weise.

In seinem modernen Weinkeller arbeitet Thiérry Allemand mit nicht entrappten, den sogenannten "vendanges entières" Beeren, deren Stiele nur dann entfernt werden, wenn sie noch grün sind. Diese Herangehensweise ist sicherlich als klassisch zu bezeichnen. Die erste Vinifizierung erfolgt im Stahltank. Verzichtet wird dabei auf Schwefelzugaben (nur eine Prise zur Stabilisierung bei der Flaschenabfüllung), so dass der Totalschwefelgehalt weit unter den Werten der internationalen auf Bioprodukte festgelegten Zertifizierungs- und Kontrollinstitution "EcoCert" liegt. Vinifiziert werden die Thiérry-Allemand-Weine durchgehend auf Hefen ohne Abstrich, bei langsamer Gärung ohne Umpumpung oder Umfüllung. Auch das ist sehr klassisch, um nicht sagen äußerst traditionell.

Allemand ist fest der Meinung, dass das Schwefeln und die übermäßige Belüftung durch die Pump- und Umfüllvorgänge, die die Reduktion eliminieren sollen, zu harten Tanninen, Teeraromen und tendenziell unrunden Weinen mit unausgewogener Säure führen.

Der Ausbau erfolgt ausschließlich in alten oder älteren Barriques (standardisiert auf 225 Liter) und in Foudres, also in großen Eichenfässern, die zwischen 1.000 und 7.000 Liter fassen können. Diese großen Ausbaufässer, durchaus typisch für die Rhône, lassen weniger Luft und weniger Holz auf den darin ausgebauten Wein einwirken. Klassisch ist dabei der vollständige Verzicht auf junge Eiche.

Nach 18 bis 24 Monaten werden die Weine abgefüllt, wobei nur nach Bedarf etwas geschönt wird, die Weine aber nie filtriert werden. Bevor es in die Flasche geht, wird eine leichte Sulfitierung von 1 Gramm pro Hektorliter vorgenommen.

Auf der Domaine Thiérry Allemand hängt buchstäblich alles von der persönlichen handwerklichen von der Pike auf erlernten Könnerschaft des Winzers ab, der autodidaktischer Weinbergkenner, Önologe und ein Weingenie in persona ist.

Thiérry Allemand: "frei, unabhängig, ehrlich und authentisch"

Thiérry Allemand – ein Nachname, der auf die Herkunft seiner Vorfahren hinweist – hatte nicht das Glück, aus einer Winzerfamilie mit entsprechend schönem Gut zu kommen, und doch zählt er zu den interessantesten Weinmachern nicht nur an der Rhône.

Geboren in der benachbarten Stadt Valence ist Thiérry Allemand der Sohn eines Fabrikarbeiters, der sich irgendwann in dem Örtchen Cornas niederließ. Umgeben von Weinbergen und Winzern, die die steinig-steile Region bestellten, hat der junge Thiérry früh und ganz auf sich gestellt die Liebe zu diesem Beruf entdeckt. Zunächst folgte er noch den Fußstapfen seines Vaters und wurde zum Elektromechaniker ausgebildet. Bereits als 19-jähriger Mann entschied er sich jedoch, den eingeschlagenen Kurs zu wechseln, und lief zu der Weinbranche über. Mit seiner Wahl bewies er ein gutes Händchen für besondere Qualität und ein Gespür für das Außergewöhnliche, denn er heuerte auf dem Weingut Joseph Michel an und bei keinem geringeren als der Kultvaterfigur der Weinregion, Joseph Michel, und später bei seinem Sohn Robert. Joseph nahm Thiérry Allemand unter seine Fittiche und wurde nicht nur sein Arbeitgeber, sondern sein Protegé und Lehrer.

Seinen ersten kleinen Weinberg hat Thiérry noch während der Tätigkeit bei Michel gekauft. Das war 1981. Da Thiérry mit keinem Vermögen ausgestattet war, musste er sich alles in kleinen Schritten erarbeiten und konnte nur auf günstige Parzellen zurückgreifen. Gutes Augenmaß und Kenntnisse der Weinwirtschaft bewies er in seiner Wahl der verlassenen und heruntergekommenen Weinareale, die er teils pachtete, teils kaufte. Sein erster Weinberg lag an der Côte und grenzte an die Weinparzellen Auguste Clape an und war somit ein "noble terroir". Viel Aufräumarbeiten und Neubepflanzung mussten erst einmal geleistet werden bis der Weinberg so ausschaute, wie Thiérry es für ideal hielt.

1984 und 1987 folgten weitere Weinparzellen. In Chaillot, dem "grand terroir" von Cornas, kaufte er ein steiles Stück nach Süden ausgerichteten Hangs und später eine Parzelle in Tézier. Das waren vor allem noch Wälder, die gerodet werden mussten. Schließlich konnte er seinen eigentlichen Coup landen, der sich aus seiner Arbeit für keinen geringeren als Noël Verset ergab. Noël Verset war Ende der 1980er Jahre bereits im fortgeschrittenen Alter von 70+ Jahren und hatte weder einen Erben noch einen Nachfolger. Es war Thiérry, der nach seiner getanen Arbeit auf dem Weingut der Michels gewissermaßen nachts Noël Verset aushalf. Als Dank dafür überließ Noël Verset ihm günstiger jene der unbezahlbaren Plots in Reynard, die aus dem 20. Jahrhunderts stammten. Wie der Zufall es wollte war auch Louis Verset, Noëls Bruder, ohne Nachfolger geblieben und verkaufte günstig an Thiérry einige seiner alten Reynard-Reben. Damit kam Thiérry zu den großartigsten Weinparzellen und Uraltreben der nördlichen Rhône-Region. 2007 erwarb ein aus der Schweiz stammender Freund Thiérrys zwei Hektar bestes Weinland in Pigeonniers und Chaillot, das an Geynale angrenzt, und überließ es Allemand zur Nutzung.

15 Jahre lang konnte Thiérry sich nur an den Wochenenden, nach seiner Hauptarbeit im Weingut seines einstigen Protegés und nach den Nächten bei Versets, um seine Weinbergschätze kümmern. 1992 war es dann soweit: Thiérry Allemand brachte die ersten unter seinem Namen gelabelten Qualitätsweine heraus. Seit diesem Jahrgang unterliegen seine Weine einer stetigen Wandlung hin zur Perfektion und das ist für Thiérry Allemand immer eine Frage nach Reinheit, Klarheit und Authentizität.

Thiérry Allemand ist ein schweigsamer, um nicht zu sagen ein verschwiegener Mensch, der nicht gerne über sich selbst redet. Daher ist es schwierig, die verzwackte Geschichte seines Weinguts nachzuvollziehen. Fest steht, dass Thiérry bereits 1989 bis 1990 eine eigene Cuvée Cornas unter dem Allemand-Label herausbrachte. Diese kurze Produktion bleibt häufig ungenannt, vielleicht weil Allemand eigentlich seit 1987 seine Weinproduktion (fast) en gros an die lokalen Négociants (Weinunterhändler) veräußerte. Erst als diese sich 1991 weigerten, ihm für seine Chaillot- und Reynard-Weine die geforderten 32 Francs pro Liter, was circa 5 Euro entspricht, zu zahlen, begann Thiérry die Eigenproduktion beider Weine.

2001 war es endlich soweit und Thiérry Allemand konnte seinen eigenen modernen Weinkeller in Betrieb nehmen, wo die gesamte Weinbereitung auf dem Einsatz der Schwerkraft beruht.

Thiérry Allemand ist ein Autodidakt, der auf echte Leidenschaft gepaart mit Know-How, das sich aus der intensiven Arbeit im Weinberg und mit den Weinen im Weinkeller ergibt, setzt. Heutzutage ist er neben Joseph Michel, Noël Verset, Marius Gentaz und August Clape selbst zu der Kultfigur an der Rhône geworden. Emmanuelle und Thiérry Allemand haben vier Kinder, unter anderem den Sohn Leopold auf dem die Hoffnung des Vaters liegt, sein Nachfolger zu werden. Leider hält sich das Interesse der Kinder am Weingeschäft noch in Grenzen. Wir drücken fest die Daumen!

Rar, winzig und rein: das Portfolio der Domaine Thiérry Allemand

Das winzige Portfolio der Domaine Thiérry Allemand besteht zurzeit (2022) aus zwei Crus, die entsprechend der Einzellagen benannt sind. Es handelt sich dabei um den "Cornas Chaillot" und den "Cornas Reynard", beide rare Spitzenweine, die die kleine Auswahl mehr als wettmachen.

Die beiden Weine verhalten sich zueinander wie der jüngere zum älteren, oder wie der feinere zum komplexen Bruder. Wenn man ein Flaggschiff küren müsste, dann wäre das der "Reynard", der aus bis zu 90-jährigen, tief in Granitböden verwurzelten Reben entsteht. Hier überwiegen äußerst komplexe Noten von vollen Aromen: dunkle Kirschen, schwarze Beeren, geräucherter Speck, Holzrauch, etwas Lakritz, schwarze Oliven, getrockneten Kräutern und immer wieder tiefe Mineralität. Die Tannine sind reif und werden mit der Zeit noch einmal mürber, so dass der Wein wunderbare Weichheit bekommt, ohne Säure zu verlieren. Es ist tatsächlich erstaunlich, wie frisch der Wein (beide Weine!) schmeckt, obwohl sein Körper gleichzeitig so konzentriert ist. Dieser Wein reift nach und bekommt zwischen 10 und 25 (+) Jahren seine volle Kraft und Komplexität!

Dagegen ist der "Chaillot" ein geradezu 'junger' Wein aus Weintrauben von unter 40-jährigen Reben. Dieser Wein, wird er eher genossen, ist fruchtbetonter und in diesem Sinne leichterer und charmanter als sein opulenter Bruder, der grundsätzlich mehr Zeit braucht. Doch diese Unterschiede sind graduell, denn auch der "Chaillot" ist ein komplexer, konzentrierter Wein mit einer herrlichen Eleganz und herausragender Struktur.

Domaine Thiérry Allemand

Gründungsjahr: 1981
Eigentümer: Thiérry Allemand
Önologe: Thiérry Allemand
Jahresproduktion: ca. 14.000 Flaschen
Rebfläche: 6 Hektar in biodynamischem Anbau

Notabene: Das Weingut ist mit vorherigen telefonischen Anmeldung und persönlicher Absprache zu besichtigen. Auf Thiérry Allemands Gastfreundlichkeit und auf eine schöne und informative Degustation ist dann Verlass. Wenn er Zeit hat, so fragen Sie ihn nach der Geschichte seiner Handpflüge, deren Schilder von einem spanischen Künstler entworfen und geschmiedet wurden!